AUFSTOCKER:

 

29/10/2015:

Deutlich weniger Aufstocker im ersten Quartal 2015

(von Markus Krüsemann)

 

 

Die Zahl der Erwerbstätigen, die ihr zu geringes Einkommen mit Arbeitslosengeld II-Zahlungen aufstocken müssen, ist auch im ersten Quartal 2015 weiter gesunken. Deutliche Rückgänge gab es vor allem bei den geringfügig beschäftigten Hartz IV-Beziehern. Erneut gegen den Trend wächst hingegen die Zahl der in Teilzeit beschäftigten Aufstocker.

 

Nach den heute von der Bundesagentur für Arbeit (BA) veröffentlichten Zahlen waren im März 2015 insgesamt 1.234.878 Erwerbstätige zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf zusätzliche Hartz IV-Leistungen angewiesen. Das sind  54.092 Personen weniger als im Vorjahresmonat, ein Rückgang um 4,2 Prozent. Der im Jahresverlauf 2014 schon zu beobachtende rückläufige Trend (siehe 30.07.2015) setzt sich damit weiter fort.

 

Da es bei der Gruppe der selbstständig tätigen Leistungsbezieher kaum Veränderungen gab, geht der Rückgang ausschließlich auf das Konto der abhängig Erwerbstätigen. Laut Analytikreport zur Grundsicherung für Arbeitssuchende der BA sank die Zahl der Leistungsbezieher hier zwischen März 2014 und März 2015 um 54.178 Personen (-4,6 %) auf 1,125 Millionen.

 

 Entwicklung der Aufstockerzahlen von Sept. 2009 bis März 2015

Entwicklung Aufstocker Grundsicherung
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Analyse der Grundsicherung für Arbeitssuchende

 

Die auffälligsten Rückgänge hatte es im März 2015 bei den Aufstockern gegeben, die ausschließlich in einem Minijob beschäftigt waren. Den 609.000 im Vorjahresmonat standen im März dieses Jahres knapp 553.000 Personen gegenüber, ein kräftiger Rückgang um 9,3 Prozent. Der Anteil der Minijobber an allen Beziehern von Hartz IV-Leistungen sank damit auf 12,5 Prozent. Im Durchschnitt der Jahre 2013 und 2014 lag ihr Anteil noch bei 14,0 bzw. 13,8 Prozent. Damit gab es im März 2015 erstmals mehr sozialversicherungspflichtig als geringfügig beschäftigte Aufstocker.

 

Ganz anders die Entwicklung im Segment der Aufstocker mit sozialversicherungspflichtiger Teilzeitbeschäftigung. Immer mehr von ihnen müssen ergänzende Leistungen in Anspruch nehmen, sodass sich hier der Negativtrend des Jahres 2014 weiter fortsetzte. Diesmal stieg ihre Zahl von 360.981 im März 2014 auf 377.264 Personen im März 2015, ein Zuwachs um 4,5 Prozent. Ihr Anteil an allen BezieherInnen von Hartz IV-Leistungen stieg damit von 8,1 auf 8,5 Prozent.

 

Der Mindestlohn hinterlässt seine Wirkungen

 

Sowohl die positive Entwicklung bei den Minijobbern, als auch die Zunahme der teilzeitbeschäftigten Aufstocker dürfte auch auf den seit Januar 2015 geltenden allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn zurückzuführen sein. Dieser ließ nicht nur die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten schrumpfen (siehe 12.10.2015), ein Teil dieser Minijobs dürfte zudem in sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeitsplätze umgewandelt worden sein. Bezogen auf die Aufstocker liegt das Bild des Verschiebebahnhofs nahe: Womöglich sind viele Beschäftigte, die als Minijobber nicht genug verdient haben, jetzt als Teilzeitbeschäftigte tätig, nur dass der Verdienst immer noch nicht zum Leben reicht. Diese Entwicklung ändert allerdings nichts daran, dass der Mindestlohn insgesamt einen Rückgang bei der Zahl der Aufstocker bewirkt hat.

 

 Abhängig erwerbstätige Aufstocker 2013 bis 2015 (jew. Jan. - Juni)

abhängig erwerbstätige Aufstocker
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Analyse der Grundsicherung für Arbeitssuchende

 

Wie aus der Grafik anschaulich hervorgeht, folgt die Entwicklung der Aufstockerzahlen in allen drei Jahren in etwa dem gleichen saisonalen Verlauf. Ebenso deutlich zeigt sich, dass die Zahl der abhängig erwerbstätigen Leistungsbezieher in allen sechs Monaten des Jahres 2015 stabil unterhalb des Niveaus der beiden Vorjahre bleibt. In den letzten drei Berichtsmonaten waren es jeweils über 60.000 Personen weniger. Das entspricht ziemlich genau der Prognose des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Im Frühjahr 2014 hatte es die Zahl derjenigen, die nach Einführung des Mindestlohns nicht mehr auf zusätzliche Hartz IV-Leistungen angewiesen sein würden, auf etwa 60.000 geschätzt (siehe 16.04.2014).

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Quelle:

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2015): Analyse der Grundsicherung für Arbeitssuchende, Oktober 2015, Nürnberg.

 

Weiterlesen:

 

- Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2015): Grundsicherung für Arbeitsuchende in Zahlen, Juni 2015, Nürnberg.

 

- Bruckmeier, K./ Wiemers, J. (2014): Begrenzte Reichweite: Die meisten Aufstocker bleiben trotz Mindestlohn bedürftig. IAB-Kurzbericht 07/2014, Nürnberg.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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