Lohnentwicklung Reallöhne

 

LOHNENTWICKLUNG:

 

23/06/2017:

Reallöhne im ersten Quartal 2017 kaum noch gestiegen

(von Markus Krüsemann)

 

Nach drei Jahren in Folge mit erkennbar gestiegenen Reallöhnen lassen die Zahlen aus dem ersten Quartal 2017 Zweifel aufkommen, ob das so weitergeht. Zwar blieb die Entwicklung der Nominallöhne weiterhin positiv stabil, doch eine anziehende Inflationsrate sorgte dafür, dass das Lohnplus bei den abhängig Beschäftigten am Ende ziemlich mager ausfiel.

 

Im Jahr 2015 konnten sich die vollzeit-, teilzeit- und geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer/innen im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich über ein ordentliches Verdienstplus freuen. Ihre um Preissteigerungen bereinigten Löhne stiegen damals um 2,4 Prozent, das hatte es seit sehr, sehr vielen Jahren nicht mehr gegeben. 2016 stieg das Reallohnplus weiter, wenn auch nur noch um 1,8 Prozent (siehe 22.03.2017). In beiden Jahren spielte den abhängig Beschäftigten eine äußerst schwache Entwicklung der Verbraucherpreise in die Hände. Eine wieder anziehende Inflationsrate könnte jetzt dafür sorgen, dass sich die positive Entwicklung 2017 so nicht mehr fortsetzt.

 

Wie das Statistische Bundesamt (DESTATIS) in einer heutigen Pressemeldung bekannt gab, sind die Reallöhne im ersten Quartal 2017 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal nur noch um 0,6 Prozent gestiegen, das ist der schwächste Quartalswert seit 2013, dem Jahr der Reallohnverluste.

 

Entwicklung der Real- und der Nominallöhne I/2012 bis I/2017 (in Prozent)

Lohnentwicklung 1. Q. 2017 bis 1. Q. 2017
Quelle: Statist. Bundesamt: Reallohnindex

 

An einer zu schwachen Nominallohnsteigerung hat es nicht gelegen, die lag mit einem Plus von 2,6 Prozent sogar über dem Durchschnitt des Vorjahres. Doch während sich in den letzten drei Jahren solche eher mäßigen Lohnanhebungen dank Miniinflation in höheren Reallohneinkommen niederschlugen, wirkt sich eine wieder anziehende Preissteigerungsrate stark dämpfend aus. Bereits um vierten Quartal 2016 hatten sich die Verbraucherpreise um 1,1 Prozent (im Vergleich zum Vorjahresquartal) erhöht. Diesmal stiegen sie sogar um 1,9 Prozent. Eine derartige Teuerung hatte es zuletzt 2012 gegeben. Nach Angaben von Spiegel online sorgten vor allem teureres Benzin und Heizöl für den Preisauftrieb.

 

Geringqualifizierte und Geringverdienende holen nicht weiter auf

 

Nachdem die Löhne der abhängig Beschäftigten in den unteren Verdienstbereichen jahrelang gesunken waren, haben die Geringverdienenden in den letzten Jahren wieder etwas aufholen können. In einer Analyse zur Lohnentwicklung in Deutschland hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) für die Jahre 2012 bis 2015 deutlich steigende Bruttostundenlöhne in den unteren Einkommenssegmenten feststellen können. Der Studie zufolge hat sich unter anderem die Einführung des Mindestlohns positiv ausgewirkt.

 

Folgt man den Angaben des Statist. Bundesamtes, so hatte es zumindest in der Gruppe der ungelernten ArbeitnehmerInnen auch 2016 noch überdurchschnittlich hohe Lohnsteigerungen gegeben. Damit aber scheint es nun vorbei. Wie das Amt berichtet, lag der Verdienstzuwachs bei ihnen wie auch bei der Gruppe der ungelernten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit jeweils 2,6 Prozent genau im Durchschnitt aller Beschäftigten. Geringfügig Beschäftigte hatten mit einem Nominallohnplus von gerade mal 1,0 Prozent sogar Reallohnverluste hinzunehmen. Offensichtlich hat die Anhebung des Mindestlohns von 8,50 auf 8,84 Euro zum Jahresanfang (siehe 01.01.2017) keinen großen Einfluss auf die Nominallohnentwicklung ausüben können.

 

Die Bruttomonatsverdienste von Beschäftigten in leitender Stellung sind dagegen überdurchschnittlich stark anstiegen. Als Hauptursache für das Plus von 3,7 Prozent nennt das Amt „weit überdurchschnittlich gestiegene Sonderzahlungen“. Also nur ein Ausreißer? Oder wird sich die Schere zwischen den oberen und unteren Lohngruppen in Zukunft wieder stärker öffnen?

 

Grundlage der Berichte zur Lohnentwicklung bildet die Vierteljährliche Verdiensterhebung. Sie wird seit dem Berichtsjahr 2007 durchgeführt. Erfasst werden darin u.a. die Bruttoverdienstsummen von Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten in rund 40.500 Betrieben mit mindestens fünf Arbeitnehmer/innen im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich. Die in der obigen Tabelle von früheren Berichten abweichenden Zahlen beruhen auf Veränderungen bei der Stichprobenziehung.

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Quellen:

Pressemitteilung Nr. 210 des Statist. Bundesamtes vom 23.06.2017.

 

Statist. Bundesamt: Verdienste und Arbeitskosten - Reallohnindex und Nominallohnindex, 1. Vierteljahr 2017, Wiesbaden.

 

Spiegel online vom 23.06.2017

 

Weiterlesen:

 

- Brenke, K./ Kritikos, A. S. (2017): Niedrige Stundenverdienste hinken bei der Lohnentwicklung nicht mehr hinterher. In: DIW-Wochenbericht, 84. Jg., Nr. 21, S. 407-416.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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