Teilzeit Teilzeitarbeit

 

TEILZEITARBEIT:

 

08/03/2017:

Teilzeitjobs legten 2016 wieder überproportional zu

(von Markus Krüsemann)

 

Der Beschäftigungsaufbau in Deutschland ging 2016 weiter. Und wieder ist es die Zahl der Teilzeitbeschäftigten, die besonders stark gestiegen ist. Die Teilzeitquote erreichte damit einen neuen Rekordwert. Mit ein Grund dafür, dass trotz mehr Vollzeitjobs die atypische Beschäftigung weiterhin auf hohem Niveau stagniert.

 

Nach einem ziemlich verhaltenen Anstieg im Jahr 2015 (siehe 09.03.2016) hat sich die Teilzeitbeschäftigung 2016 wieder deutlicher ausgeweitet, das belegen aktuelle Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Für 2016 weist das IAB 15,33 Millionen ArbeitnehmerInnen mit Teilzeitjob aus, das sind über 300.000 mehr als 2015, was einem Plus von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht und einen neuen historischen Höchststand markiert.

 

Im Rahmen von insgesamt steigenden Erwerbstätigenzahlen ist es weiterhin die Teilzeitarbeit, die überproportional zulegt. So kommt es, dass trotz eines zeitgleichen Wachstums bei den Vollzeitstellen die Teilzeitquote (Anteil der Teilzeitbeschäftigten an allen ArbeitnehmerInnen) weiter gestiegen ist. Sie lag 2016 bei einem neuen Rekordwert von 39,0 Prozent. Zur Jahrtausendwende hatte die Quote noch bei etwa 30 Prozent, 1991 sogar nur bei 17,9 Prozent gelegen. Nicht mehr gestiegen ist lediglich die durchschnittliche vereinbarte Wochenarbeitszeit. Bei den Teilzeitkräften lag sie 2016 bei 16,38 Stunden (2015: 16,45 Std./Wo.).

 

 ArbeitnehmerInnen in Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung (in Tausend)

Entwicklung der Teilzeitarbeit
Quelle: IAB-Arbeitszeitrechnung auf Datenbasis der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR)

 

Teilzeitarbeit kann eine Alternative sein, Erwerbstätigkeit und private Lebensgestaltung besser zu vereinbaren. Problematisch ist eine Arbeit zu reduzierter Stundenzahl jedoch dann, wenn sie kein existenzsicherndes Auskommen ermöglicht, oder wenn sie nicht freiwillig ausgeübt wird. Laut einer Studie des IAB vom Februar 2015 mussten sich 18,7 Prozent der teilzeitbeschäftigten Männer resp. 14,7 Prozent der Frauen 2014 mit einem Teilzeitjob begnügen, weil sie vergeblich nach einer Vollzeitstelle gesucht hatten (siehe 19.02.2015).

 

Plus an Vollzeitjobs kann atypische Beschäftigung nicht zurückdrängen

 

Im Zuge der positiven Wirtschaftsentwicklung ist auch die Zahl der vollzeitbeschäftigten ArbeitnehmerInnen 2016 angestiegen, und das zum sechsten Mal in Folge. Das klingt beeindruckend, doch lag die Jahreswachstumsrate nur bei knapp 1,1 Prozent - und das ist kein Ausreißer nach unten: Abgesehen von 2012 (+ 1,3%) lagen die Wachstumsraten zwischen 2011 und 2015 immer (und teilweise deutlich) unter ein Prozent. Das ist zu wenig, um eine Trendwende am Arbeitsmarkt herbeizuführen. Die wäre aber dringend nötig, denn bei der Vollzeitbeschäftigung wird aktuell gerade mal das Niveau von 2003 wieder erreicht.

 

Anfang der 1990er Jahre lag die Zahl der Vollzeitbeschäftigten noch bei 28 Millionen und mehr. Danach ist sie stetig zurückgegangen, woran auch die Agenda 2010 einen maßgeblichen Anteil hatte. Die von ihr beförderte Zunahme an atypischer Beschäftigung und prekären Jobs auf Kosten der regulären Beschäftigung hat ein eigenständiges und verfestigtes Segment am Arbeitsmarkt entstehen lassen. Das moderate Plus an Vollzeitjobs der letzten Jahre hat daran nichts geändert, denn es beruht auf einem generellen Beschäftigungszuwachs, nicht aber darauf, dass atypische wieder in reguläre Jobs umgewandelt worden wären. Nein, die sind gekommen um zu bleiben, und jeder gesetzgeberische Versuch, sie zurückzudrängen (aktuelles Beispiel: das Rückkehrrecht auf Vollzeit), trifft bei der Arbeitgeberseite auf massive Gegenwehr. Offenbar mit Erfolg: Die atypische Beschäftigung stagniert seit Jahren auf hohem Niveau.

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Quellen:

IAB-Presseinformation vom 07.03.2017

 

IAB (Hg.): Durchschnittliche Arbeitszeit und ihre Komponenten in Deutschland, Stand: März 2017.

 

Weiterlesen:

 

- Lott, Y. (2017): Flexible Arbeitszeiten: Eine Gerechtigkeitsfrage? Hans Böckler Stiftung, Forschungsförderung Report Nr. 1, Düsseldorf.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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