Mindestlohn Lohnuntergrenze

 

MINDESTLÖHNE:

 

01/01/2018:

Mindestlohn unverändert, sieben Branchenmindestlöhne steigen

(von Markus Krüsemann)

 

Keine Bewegung beim allgemeinen Mindestlohn. Auf seine Anhebung müssen Betroffene noch ein Jahr warten. Immerhin sind die Übergangsregelungen ausgelaufen. In sieben Branchen mit eigenen Mindestlohnregelungen haben die Beschäftigten mehr Glück, auch wenn einige Allgemeinverbindlichkeitserklärungen noch auf sich warten lassen.

 

Die schlechte Nachricht zuerst: Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn verharrt in diesem Jahr auf dem niedrigen Niveau von 8,84 Euro. Erst für 2019 ist die nächste planmäßige Erhöhung vorgesehen. Wie groß das Plus dann ausfällt, darüber wird die Mindestlohnkommission im Laufe des Jahres beraten und beschließen. Auf Grund einer engen gesetzlichen Regelungen (siehe 29.06.2016) ist ihr Spielraum allerdings sehr gering, und so wird der generelle Mindestlohn wohl auch 2019 ein Niedriglohn bleiben.

 

Etwas Positives gibt es aber doch zu vermelden: Die letzten gesetzlichen Übergangsregelungen (§ 24 MiLoG) für ZeitungszustellerInnen und Beschäftigte, die auf der Basis von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen noch immer unter Mindestlohnniveau gearbeitet haben, sind endgültig ausgelaufen. Abgesehen von den viel kritisierten Ausnahmen (§ 22 MiLoG) darf nun nirgends mehr weniger als 8,84 Euro gezahlt werden.

 

In diesen sieben Branchen steigen die Mindestlöhne

 

Wie schon in den Vorjahren (siehe 01.01.2017 und 01.01.2016), so werden auch diesmal zu Jahresbeginn in einigen Branchen die Mindestlöhne angehoben. Solche Branchenmindestlöhne sind dort möglich, wo Tarifpartner einzelner Branchen sich in einem bundesweit repräsentativen Tarifvertrag auf Mindestlöhne verständigen und anschließend einen Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit stellen. Als Rechtsgrundlage fungieren dann vom Bundeskabinett gebilligte Mindestlohnverordnungen. Durch sie werden die Mindestlöhne allgemeinverbindlich, d.h. für alle Arbeitgeber in der jeweiligen Branche bindend.

 

- Pflegebranche

 

Seit August 2010 gibt es, in der Höhe nach West und Ost getrennt, Mindestlöhne für Beschäftigte in Betrieben der Pflegebranche. Zunächst beschränkte sich deren Geltung auf die stationäre Altenpflege, dann wurden sie auf die Beschäftigten in ambulanten Betrieben ausgeweitet. Seit Januar 2015 gelten die zwei Lohnuntergrenzen auch für die ambulante Krankenpflege, und seit Oktober 2015 schließlich auch für Betreuungskräfte der teil- und vollstationären Altenpflege (Betreuungskräfte von dementen Personen, Alltagsbegleiter/innen, Assistenzkräfte).

 

Nachdem sich die 3. Pflegekommission des Bundes, die paritätisch mit Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite besetzt ist, im April 2017 auf höhere Lohnuntergrenzen geeinigt hatte, steigt jetzt der Mindestlohn für die Pflegebeschäftigten in den alten Bundesländern von 10,20 auf 10,55 Euro, ein Plus von 3,4 Prozent. In den ostdeutschen Bundesländern müssen jetzt statt 9,50 mindesten 10,05 Euro pro Stunde gezahlt werden. Hier liegt das Plus bei 5,8 Prozent. Die Lohngrenzen gelten auch für ausländische Pflegeunternehmen, die ihre Arbeitskräfte nach Deutschland entsenden, während Pflegekräfte in Privathaushalten davon ausgenommen sind. Für sie gilt nur der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde (brutto).

 

Grundlage für diese und die kommenden Erhöhungen bildet die Dritte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche, die bereits im Juli 2017 vom Kabinett beschlossen wurde. Aus ihr geht auch hervor, dass sich die allmähliche Angleichung des Ostmindestlohns an das Westniveau in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Ein bundesweit einheitlicher Branchenmindestlohn liegt aber noch in weiter Ferne.

 

In der Politik (und nicht nur da) ist das nicht unumstritten, zumal die niedrigen Löhne im Pflegebereich seit Langem in der Kritik stehen und zumindest mitverantwortlich für den Mangel an Pflegekräften sind. Zuletzt (Dezember 2017) hatten sich auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz des Bundes und der Länder (ASMK) die zuständigen Ressortminister mehrheitlich für eine schnelle Angleichung der Mindestlöhne stark gemacht und die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert.

 

- Baugewerbe

 

Das Bauhauptgewerbe war die erste Branche in Deutschland, in der ein Mindestlohn eingeführt wurde. Der von Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelte und für allgemeinverbindlich erklärte Mindestlohn trat zum 01.01.1997 in Kraft. Damit mussten in den ostdeutschen Bundesländern mindestens 8,00 Euro pro Stunde gezahlt werden, in Westdeutschland lag der Mindestlohn bei 8,69 Euro. Im Herbst 2003 trat dann der Mindestlohn 2, eine zweite, höher angesetzte Lohnuntergrenze für Fachkräfte hinzu, der in Ostdeutschland allerdings zum 1. September 2009 wieder abgeschafft wurde.

 

Für Helfer (Werker / Maschinenwerker im Bauhauptgewerbe) galt seit Anfang 2017 erstmals ein bundesweit einheitlicher Mindestlohn 1 in Höhe von 11,30 Euro. Von heute an steigt er um vier Prozent auf 11,75 Euro. Beschäftigte der Lohngruppe 2 (Fachwerker / Maschinisten / Kraftfahrer) können sich in Westdeutschland über die Anhebung ihres Mindestlohns um 25 Cent auf 14,95 Euro (in Berlin nur 14,80 €) freuen. Ostdeutsche Fachkräfte gehen leer aus, denn die Lohngruppe 2-Mindestlohnregelung gilt weiterhin nur in den alten Bundesländern. In allen Fällen steht die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit aber noch aus.

 

- Dachdeckerhandwerk

 

Bereits 2003 hatte das Dachdeckerhandwerk die Entgeltgleichheit beim Mindestlohn vollzogen, der beinahe stetig jedes Jahr um mindestens 20 Cent aufgestockt wurde. Nach der letzten Anhebung der Untergrenze auf 12,25 Euro Anfang 2017 gilt ab heute allerdings ein auf 12,20 Euro abgesenkter Mindestlohn. Das merkwürdige und auf den ersten Blick wenig verständliche Lohnminus von eher symbolischen fünf Cent hängt damit zusammen, dass zeitgleich erstmals ein Mindestlohn 2 für FacharbeiterInnen an den Start geht. Der beträgt ab heute 12,90 Euro. Vermutlich sollte hier unbedingt ein Zeichen des Lohnabstands gesetzt werden, ohne den Fachkräftemindestlohn nach oben abzuheben. Der Mindestlohn 2 gilt für alle Beschäftigte, die einen Gesellenbrief im Dachdecker-, Zimmerer- oder Klempnerhandwerk besitzen, Ungelernte müssen sich mit dem Mindestlohn 1 begnügen. Auch hier steht die Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Mindestlohnregelung noch aus.

 

- Elektrohandwerk

 

Im Elektrohandwerk (Montage) gilt ab heute erstmals ein bundesweit einheitlicher Mindestlohn in Höhe von 10,95 Euro je Stunde. Damit steigt die Lohnuntergrenze in Westdeutschland um 2,8 Prozent bzw. 30 Cent. In Ostdeutschland (einschl. Berlin) fällt die Anhebung üppiger aus. Mit einem Plus von 5,3 Prozent haben die hier Beschäftigten jetzt stündlich 55 Cent mehr in der Tasche. Ab Januar 2019 wird der Mindestlohn dann überall 11,40 Euro betragen.

 

- Geld- und Wertdienste

 

In der Branche der Geld- und Wertdienste sind die Lohnuntergrenzen sehr uneinheitlich geregelt. So gelten nicht nur je nach Bundesland unterschiedlich hohe Mindestlöhne. Hinzu kommt, dass sich die Branche in die zwei Bereiche mobile Dienstleistungen (Geld- und Werttransport) und stationäre Dienstleistungen (Geldbearbeitung) gliedert. Die ab heute gültigen Mindestlöhne im Überblick:

 

Mindestlöhne 2018 in der Branche der Geld- und Wertdienste

 

- Berufliche Aus- und Weiterbildung

 

Die seit Januar 2017 geltende einheitliche Lohnuntergrenze für das pädagogische Personal in der beruflichen Aus- und Weiterbildung soll ab heute statt 14,60 Euro 15,26 Euro betragen, eine Verdienststeigerung um immerhin 4,5 Prozent. Bereits im November 2017 hatte das Kabinett im Deutschen Bundestag entschieden, den von den Gewerkschaften ver.di und GEW mit der Zweckgemeinschaft des Bildungsverbandes abgeschlossenen Mindestlohntarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären.

 

Der Mindestlohn gilt für pädagogisches Personal, das überwiegend Erwerbslose oder von Erwerbslosigkeit bedrohte Menschen nach den Sozialgesetzbüchern II und III aus- und weiterbildet. Er erstreckt sich auch auf Aus- und Weiterbildungsunternehmen, die nicht tariflich gebunden sind sowie - nach § 7 Arbeitnehmer-Entsendegesetz - auf Beschäftigte, die von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland entsendet werden.

 

- Gebäudereinigerhandwerk

 

Die Mindestlöhne für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung sind ebenfalls gestiegen. Beschäftigte im Bereich der Innen- und Unterhaltsreinigung (Lohngruppe 1) erhalten ab heute in Westdeutschland (einschl. Berlin) mindestens 10,30 statt 10,00 Euro, ein Plus von drei Prozent. In Ostdeutschland steigt die untere Entlohnungsgrenze um 5,5 Prozent auf 9,55 Euro (zuvor 9,05 €). Erst im Dezember 2020 soll dann mit 10,80 Euro die Angleichung der Löhne Ost und West vollzogen werden.

 

Für Beschäftigte in der Glas- und Fassadenreinigung (Lohngruppe 6) steigt der Mindestlohn West (einschl. Berlin) von 13,25 auf 13,55 Euro, ein Plus von 2,3 Prozent. In Ostdeutschland werden statt 11,53 jetzt mindestens 12,18 Euro gezahlt (+5,6 %). Auch hier steht die Lohnangleichung erst zum Dezember 2020 an. Der bundeseinheitliche Mindestlohn soll dann 14,10 Euro betragen. Für beide Lohngruppen muss noch die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifeinigung erklärt werden.

_________________

 

Quellen:

BMAS - Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Mindestlöhne im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und nach dem Tarifvertragsgesetz (Stand: 1. Nov. 2017).

 

WSI-Tarifarchiv: Mindestlöhne in Deutschland nach Mindestlohngesetz (MiLoG) / Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) / Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) / Tarifvertragsgesetz (TVG).

 

WSI-Tarifarchiv: Mindestlöhne in Deutschland auf einen Blick.

_______________________________________________________________________

 

Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

zurück