Lohnentwicklung Reallöhne

 

LOHNENTWICKLUNG:

 

22/12/2016:

Nur mäßige Erhöhung der Reallöhne im dritten Quartal 2016

(von Markus Krüsemann)

 

Seit 2014 steigen die Nominallöhne der abhängig Beschäftigten stetig um mindestens zwei Prozent. Im dritten Quartal 2016 lag des Plus bei 2,3 Prozent. Aufgrund einer anziehenden Inflationsrate hatten die Beschäftigten am Ende aber im Durchschnitt nur 1,8 Prozent mehr in der Tasche. Überdurchschnittliche Lohnsteigerungen gab es erneut bei den geringer Qualifizierten.

 

Nach einer zuletzt kaum spürbaren Preissteigerungsrate hat die Inflation im dritten Quartal 2016 wieder ganz leicht angezogen, was FR online bereits veranlasst hatte, von einer Rückkehr der Inflation zu titeln. Das hat sich dämpfend auf die Verdienststeigerungen der ArbeitnehmerInnen ausgewirkt. Wie das Statistische Bundesamtes (DESTATIS) heute in einer Pressemeldung bekannt gab, sind die Reallöhne der vollzeit-, teilzeit- und geringfügig beschäftigten ArbeitnehmerInnen im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich im dritten Quartal 2016 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal nur noch um 1,8 Prozent gestiegen.

 

Eine Preissteigerungsrate von 0,5 Prozent sorgte dafür, dass von den nominalen Lohnerhöhungen von durchschnittlich 2,3 Prozent diesmal weniger als in den vorhergehenden Quartalen als Kaufkraftsteigerung bei den Beschäftigten ankam. Im Zeitverlauf betrachtet scheint sich die recht ordentliche Entwicklung des Jahres 2015 damit nicht weiter fortzusetzen. Wie Spiegel online richtig anmerkt, „schwächt sich der Trend zu steigenden Reallöhnen zusehends ab“.

 

 Entwicklung der Real- und der Nominallöhne I/2012 bis III/2016 (in Prozent)

Entwicklung Reallöhne bis September 2016
Quelle: Statist. Bundesamt: Reallohnindex

 

Gründe für die insgesamt nicht wirklich üppige Nominallohnentwicklung nannte das Bundesamt nicht. Es verwies nur darauf, dass es für die Wirtschaftszweige „Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden“ sowie „Freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen“ nur sehr geringe nominale Verdienststeigerungen von deutlich unter einem Prozent verzeichnet habe. Sehr viel besser lief es für die Beschäftigten im Gastgewerbe (+ 3,4 %) und in den Branchen, in denen der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) eine Rolle spielt.

 

Mit Tarifverträgen besser gestellt?

 

Im Durchschnitt der ersten drei Quartale 2016 lag die allgemeine Lohnsteigerung aller ArbeitnehmerInnen im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich bei 2,4 Prozent. Die per Tarifabschluss erreichten nominalen Lohnsteigerungen lagen 2016 hingegen auch nur bei durchschnittlich 2,5 Prozent. Laut der Tarifbilanz des WSI-Tarifarchivs der Hans-Böckler-Stiftung streuten sie dabei ganz überwiegend zwischen 1,5 und drei Prozent.

 

Ebnen sich die Einkommensvorteile für Beschäftigte in Betrieben mit Tarifbindung (etwa auch bei Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld) langsam ein? Offensichtlich hat sich die Prägekraft der Tarifverdienste für die Lohnentwicklung in den vergangenen Jahre abgeschwächt. Ein wesentlicher Grund liegt im Rückgang der Tarifbindung von Unternehmen. Im Jahr 2015 waren nur noch 51 Prozent aller westdeutschen bzw. 37 Prozent aller ostdeutschen ArbeitnehmerInnen in Betrieben beschäftigt, für die ein Branchentarif galt.

 

Geringqualifizierte holen auf

 

Wie ein Blick auf die Gliederung des Nominallohnindex nach sogenannten Leistungsgruppen zeigt, hat es für die Gruppe der ungelernten ArbeitnehmerInnen auch im dritten Quartal 2016 wieder überdurchschnittlich hohe Lohnsteigerungen gegeben. Nach dem Plus von 2,8 Prozent im vorhergehenden zweiten Quartal (siehe 22.09.2016) stiegen ihre Nominallöhne diesmal um 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.

 

Das klingt beeindruckend, doch handelt es sich hier eher um eine nachholende Entwicklung. Zwischen 2007 und 2015 erhöhten sich die Nominallöhne ungelernter ArbeitnehmerInnen nur um 18,9 Prozent, die der Angelernten um gerade einmal 16,4 Prozent. In leitender Stellung abhängig Beschäftigte konnten dagegen ein Plus von 26,3 Prozent, herausgehobene Fachkräfte noch ein Plus von 20,2 Prozent für sich verbuchen.

 

Das momentan bei den geringer Qualifizierten, aber auch bei den Fachkräften anhaltende Lohnplus sollte auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in den Jahren 2003 bis 2009 zu einem deutlichen Rückgang der Reallöhne gekommen war, der insbesondere untere Einkommensgruppen betroffen hatte. Insofern hat die Entwicklung auch hier eher nachholenden Charakter, die die jahrelangen Reallohnverluste noch nicht wettmachen konnte.

 

Grundlage der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Daten zur Lohnentwicklung bildet die Vierteljährliche Verdiensterhebung, die seit dem Berichtsjahr 2007 durchgeführt wird. Erfasst werden darin u.a. die Bruttoverdienstsummen von Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten in 40.500 Betrieben mit mindestens fünf ArbeitnehmerInnen im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich. Die in der obigen Tabelle von früheren Berichten abweichenden Zahlen beruhen auf Veränderungen bei der Stichprobenziehung.

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Quellen:

Pressemitteilung Nr. 471 des Statist. Bundesamtes vom 22.12.2016

 

Spiegel online vom 22.12.2016

 

Weiterlesen:

 

- Statist. Bundesamt: Verdienste und Arbeitskosten - Reallohnindex und Nominallohnindex, 3. Vierteljahr 2016, Wiesbaden.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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