atypische prekäre Beschäftigung

 

ATYPISCHE BESCHÄFTIGUNG:

 

21/08/2015:

Auch 2014 leichtes Minus bei der atypischen Beschäftigung

(von Markus Krüsemann)

 

 

Atypische Beschäftigungsverhältnisse wie Leiharbeit, Befristungen, Teilzeitbeschäftigung oder Minijobs haben gegenüber dem sog. Normalarbeitsverhältnis (vollzeitnahe, unbefristete Beschäftigung ohne Leiharbeit) stetig an Bedeutung gewonnen. Der Trend setzte bereits in den 1990er Jahren ein und nahm nach der Jahrtausendwende aufgrund der von Rot/Grün betriebenen neoliberalen Arbeitsmarktpolitik der Deregulierung und Flexibilisierung so richtig Fahrt auf. Nachdem zwischenzeitlich fast jedes zweite Arbeitsverhältnis kein Normalarbeitsverhältnis mehr war (siehe 26.09.2014), scheint die Ausweitung atypischer Beschäftigung gestoppt. Die Rückgänge der letzten Jahre sind allerdings so gering, dass eher von einer Verfestigung auf hohem Niveau gesprochen werden muss. Immerhin: wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) für 2014 belegen, hat sich auch das Normalarbeitsverhältnis stabilisiert.

 

Bereits in den beiden letzten Jahren hatte die von DESTATIS regelmäßig durchgeführte Auswertung von Daten des Mikrozensus ergeben, dass die absolute Zahl wie auch der Anteil der atypisch Beschäftigten 2012 und 2013 erstmals seit Jahren wieder gesunken war (siehe 28.08.2013 und 26.11.2014). Die neuen Zahlen aus dem Mikrozensus weisen auch für 2014 einen sehr leichten Rückgang um 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus.

 

Wie man einer Pressemitteilung des Bundesamtes entnehmen kann, ist, der Anteil der atypisch Beschäftigten an allen Kernerwerbstätigen (selbstständig und abhängig Erwerbstätige zwischen 15 und 64 Jahren, die sich nicht in Bildung, Ausbildung oder im Wehr- oder Freiwilligendienst befinden, und deren Arbeit regelmäßig mindestens zehn Stunden pro Woche umfasst) von 21,4 Prozent im Jahr 2013 auf 20,9 Prozent in 2014 gesunken. Auch die absolute Zahl der atypisch Beschäftigten (ohne Solo-Selbstständige) hat sich gegenüber 2013 um 132.000 Personen auf 7,51 Millionen reduziert.

 

  Kernerwerbstätige nach einzelnen Erwerbsformen (in 1.000) 1993 bis 2014

Entwicklung der atypischen Beschäftigung
Quelle: Statist. Bundesamt: Kernerwerbstätige nach einzelnen Erwerbsformen. Ergebnisse des Mikrozensus

 

Die Rückgänge bei der atypischen Beschäftigung erstreckten sich 2014 über alle erfassten Beschäftigungsformen. Sowohl bei den Teilzeitbeschäftigten unter 20 Wochenstunden, als auch bei den befristet und geringfügig Beschäftigten sowie den LeiharbeitnehmerInnen gab es ein leichtes Minus.

 

Die Zahl der in einem Normalarbeitsverhältnis stehenden Kernerwerbstätigen (ab 20 Wochenstunden) stieg auf 24,5 Millionen, ein Plus von 1,9 Prozent. Betrachtet man hingegen nur die Vollzeitbeschäftigten, so ergibt sich ein mageres Plus von gerade mal einem halben Prozent. Der Anstieg der Normalarbeitsverhältnisse geht also vor allem auf eine Ausweitung von Teilzeitbeschäftigung mit mehr als 20 Wochenstunden (+12,3%) zurück.

 

Zahlen geben nicht das gesamte Ausmaß atypischer Beschäftigung wieder

 

Einschränkend muss zu den Zahlen gesagt werden: das ganze Ausmaß atypischer Beschäftigung wird im Mikrozensus nicht erfasst. Das liegt zunächst daran, dass in der Grundgesamtheit der Kernerwerbstätigen einerseits die eher eine atypische Beschäftigung ausübenden Gruppen der Schüler/innen, Studierenden, Auszubildenden und Rentner/innen nicht berücksichtigt werden, während andererseits die wohl kaum von atypischer Beschäftigung betroffenen Selbstständigen und Familienhelfer/innen mit einbezogen werden (siehe die Erläuterung des Statist. Bundesamtes). Zudem wirkt sich der Einbezug von Teilzeitarbeit in das Normalarbeitsverhältnis schon bei mehr als 20 Wochenstunden dämpfend aus. Aussagekräftiger wäre es, wenn man die Grenze bei 30 Wochenstunden zöge. Nicht zuletzt werden auch Personen, die in einer Nebentätigkeit einer atypischen Beschäftigung nachgehen, nicht erfasst.

 

Der vom Statistischen Bundesamt errechnete Anteil markiert sozusagen die rechnerisch mögliche Untergrenze, die durch eine vorab gewählte Grundgesamtheit noch seriös erreicht werden kann (siehe dazu auch 27.04.2015). Ob das Normalarbeitsverhältnis also tatsächlich wieder an Bedeutung zunimmt, wie das Bundesamt im Titel der Pressemeldung schreibt, darf auch weiterhin bezweifelt werden.

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Quelle:

Pressemitteilung Nr. 301 des Statist. Bundesamtes vom 21.08.2013

 

Weiterlesen:

 

- Tabelle: Anteile Kernerwerbstätiger in unterschiedlichen Erwerbsformen nach soziodemografischen Merkmalen und Wirtschaftsabschnitten 2014.

 

- Statist. Ämter des Bundes und der Länder (Hg.) (2012): Arbeitsmärkte im Wandel, Wiesbaden.

 

- WSI-Datenbank „Atypische Beschäftigung“

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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