Lohnentwicklung

 

LOHNENTWICKLUNG:

 

20/12/2018:

Reallöhne im dritten Quartal 2018 stärker im Plus

(von Markus Krüsemann)

 

Eine nochmals leicht gestiegene Inflationsrate sorgte auch im dritten Quartal 2018 dafür, dass von einer vergleichsweise guten Nominallohnsteigerung nicht allzu viel bei den abhängig Beschäftigten ankam. Deren Entgelte aber hätten längst schon viel kräftiger angehoben werden müssen.

 

Von den Tariflöhnen, die zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ausgehandelt werden, gab es zuletzt positive Nachrichten. Gemäß der vorläufigen Jahresbilanz des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung sollen sie im Vergleich zum Vorjahr nominal um durchschnittlich 3,0 Prozent steigen. Das Statistische Bundesamt geht von einem Anstieg von 2,8 Prozent aus, was nach den hauseigenen Berechnungen der höchste Anstieg seit 2014 wäre.

 

Bei der allgemeinen Lohnentwicklung, zu deren Berechnung auch die Löhne und Gehälter von Beschäftigten nicht tarifgebundener Betriebe herangezogen werden, zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte, sind die Nominallöhne der vollzeit-, teilzeit- und geringfügig beschäftigten ArbeitnehmerInnen im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich im dritten Quartal 2018 um 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, dies ist der höchste Anstieg seit dem zweiten Quartal 2011. Nach den ersten drei Quartalen dieses Jahres liegt das Entgeltplus damit bei knapp drei Prozent.

 

 Entwicklung der Real- und der Nominallöhne I/2012 bis III/2018 (in Prozent)

Reallohnentwicklung seit 2012
Quelle: Statist. Bundesamt: Reallohnindex

 

Ein Großteil der Lohnsteigerungen der vergangen Quartale wird allerdings seit 2017 von einer merklich erhöhten Inflationsrate aufgezehrt, eine Entwicklung die sich auch im dritten Quartal 2018 fortgesetzt hat. Dank des vergleichsweise hohen Anstiegs der Verbraucherpreise um 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal beläuft sich das Reallohnplus auf nicht mehr als 1,5 Prozent. Dass dies der beste Wert seit dem dritten Quartal 2016 ist, sagt viel über eine Kaufkraftsteigerung aus, die angesichts des Wirtschaftsbooms der letzten Jahre aus Sicht der abhängig Beschäftigten alles andere als zufriedenstellend ist.

 

Löhne und Gehälter müssen stärker steigen

 

Doch schon die Entwicklung der Nominallöhne kann nicht zufriedenstellen. Ein Blick auf die seit Jahren viel zu geringe Lohnquote zeigt, dass der Anteil der Entgelte von ArbeitnehmerInnen am gesamten Volkseinkommen nach 2003 kräftig geschrumpft ist und seit 2015 auf deutlich niedrigerem Niveau als zur Jahrtausendwende auf der Stelle tritt. Die Rückgänge der vorhergehenden Jahre werden nicht kompensiert, sodass die Beschäftigten im Prinzip auf den Lohnverlusten sitzenbleiben.

 

 Entwicklung der bereinigten Lohnquote seit 1991

Entwicklung Lohnquote seit 1991

 

Löhne und Gehälter hätten längst schon deutlich kräftiger steigen müssen – und können: Alle (von interessierter Seite oft bewusst geschürten) Ängste vor Jobverlusten aufgrund starker Lohnerhöhungen haben sich als unbegründet erwiesen. Die beschäftigungsfördernde Wirkung des gesetzlichen Mindestlohns, dem man vor seiner Einführung ebenfalls den Charakter eines Jobkillers angedichtet hatte, hat dies noch einmal eindrücklich unter Beweis gestellt.

 

Jobs entstehen durch Lohnerhöhungen, nicht durch Lohnzurückhaltung. Wie Eva Roth hier erst kürzlich unter Verweis auf eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung dargelegt hat, konnte die Stagnation der Reallöhne in den Jahren von 2000 bis 2008 gerade keinen Jobboom auslösen. Erst als die Reallöhne in den folgenden Jahren um zehn Prozent stiegen hat sich die Zahl der Menschen mit einem sozialversicherungspflichtigen Job kräftig erhöht.

 

Grundlage der Berichte des Statist. Bundesamtes zur allgemeinen Lohnentwicklung bildet die Vierteljährliche Verdiensterhebung. Sie wird seit dem Berichtsjahr 2007 durchgeführt. Erfasst werden darin u.a. die Bruttoverdienstsummen von Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten in rund 40.500 Betrieben mit mindestens fünf Arbeitnehmer/innen im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich.

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Quellen:

Pressemitteilung Nr. 506 des Statist. Bundesamtes vom 20.12.2018

 

„Bruttolöhne im dritten Quartal gut gestiegen“, Frankenpost.de vom 20.12.2018.

 

„Keine Angst“, neues deutschland online vom 08.12.2018.

 

Weiterlesen:

 

- Flassbeck, H. (2000): Lohnzurückhaltung für mehr Beschäftigung? In: Wirtschaftsdienst, 80 Jg., H. 2, S. 84-89.

 

- Bellak, C./ Reiner, C. (2018): Stagnieren die Löhne aufgrund von Unternehmensmacht? Blog Arbeit & Wirtschaft, Bundesarbeitskammer, Wien.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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