Minijob geringfügige Beschäftigung

 

MINIJOBS:

 

11/07/2017:

2016 schon wieder mehr Minijobs als im Vorjahr

(von Markus Krüsemann)

 

Die Zahl der geringfügig Beschäftigten ist 2016 über alle vier Quartale hinweg wieder leicht gestiegen. Damit hat sich der von der Einführung des Mindestlohns angestoßene Abwärtstrend des Jahres 2015 nicht fortgesetzt. Grund war die ungebrochen steigende Nachfrage nach Minijobs im Nebenjob. Oft steckt Geldmangel dahinter, doch spielen auch andere Motive eine Rolle.

 

Zum Ende des Jahres 2016 waren in Deutschland gut 7,44 Mio. Menschen in Minijobs beschäftigt, das geht aus den aktuellen Zahlen der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor. Ein Jahr zuvor waren es noch 7,38 Millionen gewesen. Trotz des seit Anfang 2015 bestehenden Mindestlohns, der sich nachweislich dämpfend auf die Entwicklung der geringfügigen Beschäftigung ausgewirkt hat, ist die Zahl der MinijobberInnen damit um gut 60.000 oder 0,8 Prozent gestiegen.

 

Wie folgende Grafik zeigt, lagen die Quartalswerte bei den Minijobs im ersten Jahr mit gesetzlichem Mindestlohn (2015) durchgängig unter den Vergleichszahlen von 2014. Doch schon im vierten Quartal 2015 deutete sich an, was sich 2016 bis zum Jahresende fortsetzen sollte, die Entwicklung drehte ins Plus, es gab wieder (etwas) mehr geringfügig Beschäftigte.

 

 Minijobentwicklung 2014 bis 2016

Geringfügige Beschäftigung im Dreijahresvergleich 2014-16
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigungsstatistik, geringfügig Beschäftigte

 

Grundlage für die Aufwärtsentwicklung bildete auch im vierten Quartal 2016 der kräftige Zuwachs an Personen, die neben ihrer Hauptbeschäftigung noch einen Minijob im Nebenjob ausüben. Ende Dezember 2016 belief sich ihre Zahl auf 2,65 Millionen, 4,3 Prozent mehr als im Vorjahresmonat und nur 0,7 Prozent weniger als Ende des dritten Quartals 2016, dem Monat mit der höchsten bisher von der BA gemessenen Zahl an NebenjobberInnen (siehe 12.04.2017). Der Anstieg binnen Jahresfrist erstreckte sich über alle Altersklassen, wobei die Gruppe der 65-jährigen und älteren Personen am stärksten zulegte (+ 11,9 %).

 

Die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten schrumpfte wie schon in den ersten drei Quartalen nur noch sehr langsam. Bei den unter 25- und den über 65-Jährigen stieg die Zahl der MinijobberInnen sogar. Am Ende des Jahres war es mit knapp 4,80 Mio. Personen nur ein Prozent weniger als im Dezember 2015. Immerhin, in den vorhergehenden drei Quartalen lag der Rückgang bei jeweils nur 0,8 Prozent. Der Schrumpfungsprozess ist also noch nicht zum Erliegen gekommen.

 

Die Entwicklung im Jahr 2016

 

Der mit der Einführung des Mindestlohns zum Januar 2015 einsetzende Trend rückläufiger Zahlen bei den Minijobs hat sich 2016 (insgesamt betrachtet) nicht weiter fortsetzen können. War die geringfügige Beschäftigung von 2014 auf 2015 noch um durchschnittlich 1,6 Prozent auf knapp 7,35 Mio. Personen zurückgegangen (siehe 11.07.2016), so lag ihre Zahl im Jahresdurchschnitt 2016 mit annähernd 7,41 Millionen um etwa 62.000 über den Vorjahreswerten, dies entspricht einem leichten Plus von 0,8 Prozent. Ein detaillierterer Blick offenbart aber die seit Jahren vertrauten Unterschiede im Verlauf: So ging die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten auch 2016 weiter zurück auf durchschnittlich 4,80 Mio. Personen, doch hat der anhaltende Trend zur Aufnahme eines Minijobs als Nebenjob den Rückgang diesmal mehr als kompensiert. Die Zahl der zusätzlich geringfügig Beschäftigten stieg zwischen 2015 und 2016 von durchschnittlich 2,50 auf 2,60 Millionen.

 

 Entwicklung der Minijobs von 2003 bis 2016

Minijobentwicklung 2003 bis 2016
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigungsstatistik, geringfügig Beschäftigte

 

Obige Grafik zeigt anschaulich die gegenläufige Entwicklung einer nach 2014 deutlich einknickenden Zahl an ausschließlich in Minijobs beschäftigten ArbeitnehmerInnen (GeB ausschl.) und einer seit mehr als zehn Jahren stetig ansteigenden Zahl an Beschäftigten mit einem Minijob als Nebenjob (GeB zusätzl.).

 

Mindestlohn wirkt, doch Minijobs bleiben attraktiv

 

Für die Abgänge bei den ausschließlich geringfügig Beschäftigten hat der seit Januar 2015 geltende Mindestlohn eine tragende Rolle gespielt. Nach Erkenntnissen von Arbeitsmarktforschern (vgl. vomBerge/Weber 2017) begann die Zahl der Minijobs schon um den Jahreswechsel 2014/2015 zu fallen. Der sich dann fortsetzende (saisonbereinigte) Rückgang war übrigens insofern wenig problematisch, als er in großen Teilen durch die Umwandlung solcher Jobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (sehr oft Teilzeit) ausgeglichen wurde. Offensichtlich haben viele zuvor geringfügig Beschäftigte aufgrund der Lohnanhebung die Verdienstgrenze von 450 Euro im Monat überschritten. Anders die Situation bei den im Nebenjob geringfügig Beschäftigten. Für sie scheint der Mindestlohn kein Hemmnis zu sein. Vermutlich ist der Umfang der Nebentätigkeit bei den meisten so gering, dass er auch mit 8,84 Euro noch im Rahmen der Minijob-Verdienstgrenze bleibt.

 

Über die Gründe für die Ausweitung der Nebenjobs herrscht Unklarheit. Auf Seiten der Beschäftigten scheint die Motivlage vielfältig zu sein: Für die mit der Ausweitung des Niedriglohnsektors gewachsene Zahl an Geringverdienern ist der zusätzliche Minijob oft eine Notwendigkeit, um noch einigermaßen über die Runden zu kommen. Hinzu kommen die unfreiwillig in Teilzeit Beschäftigten, die ebenfalls nur als Multijobber das benötigte Einkommen erzielen können. Und dann sind da noch jene, die gar nicht schlecht verdienen, sich aber mehr leisten wollen und dies zum Teil auch aus steuerlichen Gründen lieber im Nebenjob tun, als im Hauptjob Mehrarbeit zu leisten, die mit höheren Abgaben belastet wäre. Der Run auf die kleinen Nebenjobs jedenfalls hält an, und damit steht auch die Vermutung in Frage, dass der Minijob aus Sicht der Betriebe mit der Lohnuntergrenze an Attraktivität verloren hat. Sollten sich Pläne der Union (und der FDP) zur Anhebung der Verdienstgrenze bei den Minijobs nach der Bundestagswahl verwirklichen, käme es zu einer zusätzlichen Attraktivitätssteigerung mit dann wohl generell wieder steigenden Zahlen.

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Quellen:

- Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2017): Beschäftigungsstatistik, Länderreport über Beschäftigte (Quartalszahlen), Nürnberg, Juni 2017.

 

- vom Berge, P./ Weber, E. (2017): Minijobs wurden teilweise umgewandelt, aber auch zulasten anderer Stellen. IAB-Kurzbericht, Nr. 11/2017, Nürnberg.

 

- "Minijobs sind eine Rutschbahn Richtung Altersarmut", DGB-Meldung vom 10.07.2017.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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