Aufstocker erwerbstätige Leistungsberechtigte

 

AUFSTOCKER:

 

04/05/2017:

Immer weniger abhängig Erwerbstätige müssen aufstocken

(von Markus Krüsemann)

 

Auch das Jahr 2016 war durch weiter zurückgehende Zahlen bei den Aufstockern geprägt. Der Trend ist nun bereits seit Jahren stabil, und selbst bei den Teilzeitbeschäftigten zeichnet sich mittlerweile ein Ende der Zuwächse ab. Zuletzt ging etwa ein Viertel aller Arbeitslosengeld II- BezieherInnen einer abhängigen Beschäftigung nach - immer noch zu viel.

 

Seit nun schon mehreren Jahren geht die Zahl der abhängig Erwerbstätigen zurück, die ihr zu geringes Einkommen mit Arbeitslosengeld II-Zahlungen aufstocken müssen. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Zu den treibenden Kräften zählen aber sicher die endlich auch bei den unteren Einkommensgruppen wieder steigenden Reallöhne und die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum Januar 2015. Letzterer hat vor allem im Jahresverlauf 2015 zu den vergleichsweise starken Rückgängen seinen Teil beigetragen, auch wenn er die Mehrheit der Aufstocker nicht aus der Bedürftigkeit hat holen können.

 

Nach den jetzt bis Ende des Jahres 2016 vorliegenden Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Zahl der abhängig erwerbstätigen Leistungsberechtigten weiter rückläufig geblieben. Zum Jahresende weist die BA-Statistik zu den Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende „nur“ noch 1,084 Millionen Beschäftigte auf, das sind gut 28.000 weniger als im Dezember 2015, ein Minus von 2,6 Prozent.

 

Damit ist der Dezember allerdings der Monat mit der geringsten Differenz. Ende Juli hatte sich das Minus schon auf über 52.000 Personen belaufen, doch kam es in den Monaten August bis Oktober zu einem für den sonst üblichen Jahresverlauf ungewöhnlichen Anstieg der Aufstockerzahlen, der sich ab November 2016 aber nicht weiter fortsetzte. Für eine vor drei Monaten in den Bereich des Möglichen gerückte Trendwende (siehe 03.02.2017) gibt es demnach keine Anhaltspunkte.

 

 Abhängig erwerbstätige Aufstocker Januar 2014 bis Dezember 2016

Abhängig erwerbstätige Aufstocker 2014-16
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Analyse der Grundsicherung für Arbeitssuchende

 

Wie die Grafik zeigt, haben sich die starken Rückgänge des Jahres 2015 im Folgejahr nicht in der Intensität fortsetzen können. Während die Zahl der abhängig erwerbstätigen Aufstocker 2015 um im Jahresdurchschnitt annähernd 56.000 gefallen war, lag das Minus 2016 bei durchschnittlich weniger als 29.000 Personen. Das ist kein schlechter Wert. Die auffällig guten Werte aus 2015 zeigen eher den zusätzlichen Schub, den die Mindestlohneinführung hat auslösen können (siehe 03.05.2016).

 

Kaum mehr gegenläufige Entwicklung bei einzelnen Erwerbsformen

 

Nach Art der Erwerbstätigkeit ausdifferenzierte Zahlen der BA liegen nun bis Ende des dritten Quartals 2016 vor. Sie zeigen weiterhin das bereits vertraute Bild: Rückgängen bei den geringfügig beschäftigten wie auch den vollzeitbeschäftigten Hartz IV-Beziehern steht ein weiteres Anwachsen der Zahl der teilzeitbeschäftigten Aufstocker gegenüber. Diesmal jedoch fällt das Plus bei den teilzeitbeschäftigten Leistungsberechtigten wie auch das Minus bei den Vollzeitkräften nur noch sehr gering aus.

 

Ende September 2016 gab es 391.000 BezieherInnen von Hartz IV-Leistungen, die zusätzlich eine sozialversicherungspflichtige Teilzeitstelle hatten. Das ist rechnerisch zwar ein neuer Höchstwert, doch fällt die Steigerung im Vergleich zum Vorjahresmonat mit nur noch 0,1 Prozent praktisch nicht ins Gewicht. Obwohl die Zahl der Teilzeitbeschäftigten insgesamt immer weiter ansteigt, scheint hier mittlerweile eine Obergrenze erreicht zu sein. Bei den vollzeitbeschäftigten Leistungsberechtigten betrug das Minus im selben Zeitraum ebenfalls sehr geringe 0,5 Prozent, ihre Zahl sank damit auf gut 200.000.

 

 Entwicklung der Aufstockerzahlen von März 2010 bis Sept. 2016

Entwicklung Aufstockerzahlen bis Sept. 16
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Analyse der Grundsicherung für Arbeitssuchende

 

Weiterhin kräftig rückläufig ist hingegen die Zahl der aufstockenden Minijobber. Ende September zählte die BA nur noch etwas mehr als 500.000 geringfügig beschäftigte Leistungsbezieher (inkl. der Personen ohne Beschäftigungsmeldung). Das ist ein neuer Tiefstwert und ein Rückgang um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

 

Immer noch zu viel nicht existenzsichernde Arbeit

 

Aufgrund dieser generell positiven Entwicklung (bei gleichzeitig weiterem Anstieg des Bestandes an Hartz IV-Leistungsbeziehenden insgesamt) reduzierte sich der Anteil der abhängig erwerbstätigen Aufstocker an allen Leistungsberechtigen auf zuletzt 25,1 Prozent. Das wiederum ist kein Grund zur Beruhigung. Ein Viertel aller Arbeitslosengeld II-Bezieher geht einer abhängigen Beschäftigung nach, mehr als vier Prozent arbeiten sogar in Vollzeit, da muss sich noch viel ändern.

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Quelle:

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2017): Analyse der Grundsicherung für Arbeitsuchende, April 2017, Nürnberg.

 

Weiterlesen:

 

- Bundesregierung (2016): Armutsrisiko Aufstocker. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE, BT-Drucksache 18/10193 (Nov. 2016).

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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