LEIHARBEIT:
26/05/2017:
BA vermittelte auch 2016 ein Drittel der Arbeitslosen in Leiharbeit
(von Markus Krüsemann)
Hauptsache die Quote stimmt? Nach (auch interner) Kritik hatte die Bundesagentur für Arbeit von „Fehlentwicklungen“ gesprochen und Korrekturen bei der Vermittlung Arbeitsloser in Aussicht gestellt. Genutzt hat das offensichtlich wenig. Auch 2016 wurde fast jede/r dritte Arbeitslose in vergleichsweise schlecht bezahlte und oft nur kurz dauernde Leiharbeitsjobs vermittelt.
Alle Jahre wieder will die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen wissen, wie stark die Bundesagentur für Arbeit (BA) bei der Vermittlung von Arbeitslosen das Arbeitsangebot der Leiharbeitsbranche nutzt. Hintergrund der alljährlichen Kleinen Anfrage ist eine seit 2010 zu beobachtende bedenkliche Entwicklung. Seitdem sind mehr als ein Drittel der Jobofferten Angebote aus dem Bereich der Arbeitnehmerüberlassung, und seit vielen Jahren vermittelt die BA in etwa jede/n dritte/n Arbeitslose/n in Leiharbeit. Damit geriet eine Branche zum Großabnehmer, in der (noch!) nicht einmal drei Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten tätig sind - ein krasses Missverhältnis.
Nachdem 2013 Kritik an dieser Vermittlungspraxis laut wurde, sprach der damalige BA-Chef Frank-Jürgen Weise von „Fehlentwicklungen“ und stellte Änderungen in Aussicht (siehe 10.06.16). Zu einer erkennbaren Trendwende hat das in den Folgejahren allerdings nicht geführt. Auch 2016 nicht, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf die neuerliche Anfrage der Grünen im Bundestag hervorgeht. Von den insgesamt gut 266.000 durch die BA in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelten Arbeitslosen landeten fast 87.000 in der Leiharbeit, das entspricht einem Anteil von 32,7 Prozent. Immer noch entfällt also fast ein Drittel aller Vermittlungen von Arbeitslosen auf die Branche der Arbeitnehmerüberlassung.
Anteil der durch die BA in Leiharbeit vermittelten Arbeitslosen (in Prozent)
Für die auf Erfolge angewiesenen Arbeitsvermittler sind die Jobofferten aus der Überlassungsbranche allerdings auch eine Größe, an der sie nicht vorbei können, seit das Angebot an Leiharbeitsplätzen auf dem Stellenmarkt der BA einen Anteil von weit über 30 Prozent erreicht hat. Nach Angaben der Bundesregierung waren im Jahresdurchschnitt 2016 gut 655.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, über 209.000 davon entfielen auf die Branche der Arbeitnehmerüberlassung. Dies entspricht einem Anteil von 31,9 Prozent. Zuletzt (April 2017) stammten 223.000 Jobofferten der BA aus der Leiharbeitsbranche, was einem Anteil von 31,6 Prozent an allen gemeldeten Arbeitsstellen entsprach.
Anteil der Leiharbeitsofferten an allen der BA gemeldeten Arbeitsstellen (in Prozent)
Die Jobbörse der BA scheint sich ganz allgemein zu einem Umschlagplatz für atypische Beschäftigung entwickelt zu haben. Wie O-Ton-Arbeitsmarkt.de Ende April 2017 meldete, ist mehr als jedes zweite bei der Bundesagentur für Arbeit registrierte Stellenangebot ein atypisches Beschäftigungsverhältnis. Das bedeutet, nicht nur Leiharbeit, sondern alle Formen der atypischen Beschäftigung sind im Stellenangebot der BA in Hinblick auf ihre tatsächliche Bedeutung am Arbeitsmarkt überproportional vertreten. „Die Bundesagentur für Arbeit trägt damit in hohem Maße zur Ausbreitung atypischer Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt bei“, so das Fazit bei O-Ton-Arbeitsmarkt.
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Quellen:
Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2017): Gemeldete Arbeitsstellen, April 2017, Nürnberg.
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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.
