Befristung Zeitvertrag befristete Beschäftigung

 

BEFRISTUNG:

 

25/11/2014:

Postbeschäftigte wehren sich gegen Befristungspraxis
bei Zustellern

(von Markus Krüsemann)

 

 

Bei der Deutschen Post AG bahnt sich ein möglicherweise heftiger Konflikt an. Seit Monaten kämpfen die Betriebsräte schon gegen die exzessive Befristungspraxis des Unternehmens im Zustellungsbereich. In den letzten Wochen haben die Beschäftigten an unterschiedlichen Standorten mit Betriebsversammlungen, Protestaktionen und Unterschriftensammlungen gegen die Personalpolitik Stellung bezogen. Ab Ende März sollen die Zeitverträge generell nicht mehr verlängert werden. Was aus den Beschäftigten wird, ist unklar.

 

Seit Jahren setzt die Post bei ihren Zustellern und den Mitarbeitern in den Brief- und Paketzentren massiv das Instrument der Befristung ein. Neu eingestellte Zustellerinnen und Zusteller in der Brief- und Paket-Auslieferung etwa erhalten seit etwa einem Jahr generell nur noch befristete Arbeitsverträge. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di hätten in zwischen rund 24.000 Beschäftigte des Unternehmens befristete Arbeitsverträge. Dies entspreche einem Anteil von 18 Prozent der insgesamt rund 131.000 Beschäftigten im Produktivbereich des Unternehmens. In vielen Briefniederlassungen werden mittlerweile bis zu einem Viertel der Zusteller/innen mit immer wieder neuen Befristungen hingehalten.

 

Die Verträge auf Zeit werden längst nicht mehr nur genutzt, um Auftragsspitzen auszugleichen: mit immer neuen Sachgründen erhalten Zusteller ein ums andere mal einen weiteren befristeten Vertrag – manchmal nur für wenige Wochen. Jahrelange „Kettenverträge“, prekäre Arbeit und unsichere Jobperspektiven sind die Folge. Die Post nutzt dabei „nur“ die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes konsequent bis an die Grenzen aus. Das aber ist nahe dran am systematischen Rechtsmissbrauch.

 

Was in Zukunft aus den befristet Beschäftigten wird, ist ungewiss. Die Deutsche Post hat angekündigt, ab Ende März 2015 keine Vertragsverlängerungen mehr abzuschließen, sodass sämtliche befristeten Verträge auslaufen würden. Im Mai 2015 stehen Tarifverhandlungen an, in denen das Unternehmen gerne Lohnsenkungen durchsetzen möchte. Ende 2015 läuft zudem der Vertrag aus, der momentan noch betriebsbedingte Kündigungen im Konzern ausschließt. Für die Postbeschäftigten ist der Zusammenhang nicht zufällig. Sie sehen sich von der Konzernspitze unter Druck gesetzt, mögliche Tarifabsenkungen hinzunehmen.

 

In der Zeit bis Weihnachten herrscht bei der Post Hochsaison. Gut doppelt so viele Briefe und Pakete als sonst werden verschickt. Die Betriebsräte drohen damit, die Wünsche des Unternehmens nach Überstunden und Sonderschichten abzulehnen, ver.di hat weitere Protestaktionen angekündigt. Man darf gespannt sein, ob die Gewerkschaft die Kraft und den Mumm aufbringt, grundlegende Verbesserungen für eine extrem benachteiligte Beschäftigtengruppe bei der Post durchzusetzen.

_________________

 

Siehe auch:

ver.di - Pressemitteilung vom 13.11.2014

 

ver.di Bayern (Hg.) (2013): Informationen für Befristete bei der Deutschen Post AG.

 

Medienberichte zu den Protestaktionen (Auswahl):

 

- LZ.de vom 25.11.2014

 

- Hamburger Abendblatt online vom 20.11.2014

 

- Badische Zeitung online vom 20.11.2014

 

- Handelsblatt online vom 13.11.2014

 

- Stuttgarter Zeitung online vom 05.11.2014

 

- Saarbrücker Zeitung online vom 14.10.2014

 

- Stuttgarter Zeitung online vom 13.10.2014

 

- Frankfurter Neue Presse online vom 30.09.2014

 

- Frankenpost online vom 22.09.2014

 

- Stern TV online vom 12.06.2014

______________________________________________________________

 

Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

zurück