atypische Beschäftigung

 

ATYPISCHE BESCHÄFTIGUNG:

 

15/09/2014:

Atypisch Beschäftigte erleben andere Arbeitsbelastungen

(von Markus Krüsemann)

 

 

Alle vier Jahre befragt das Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (LIA.nrw) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Nordrhein-Westfalen in Form von repräsentativen telefonischen Interviews zu ihrer Situation am Arbeitsplatz. Auf der Basis der gewonnen Erkenntnisse zu subjektiven Belastungssituationen in verschiedenen Tätigkeitsbereichen und zu gesundheitlichen Auswirkungen werden Problemschwerpunkte ermittelt und präventive Maßnahmen im Arbeits- und Gesundheitsschutz entwickelt.

 

Neben der allgemeinen Erhebung zur Beschäftigungslage waren diesmal auch Belastungssituationen, die aus der zunehmenden Flexibilisierung der Arbeit und der vermehrten Tätigkeit in atypischen Beschäftigungsformen resultieren, Bestandteil der Repräsentativbefragung „Gesunde Arbeit NRW 2014“. Im November/Dezember 2013 sind dazu mehr als 2.000 abhängig Beschäftigte mit einem Arbeitsplatz in Nordrhein-Westfalen telefonisch befragt worden. Mit 39 Prozent waren mehr als ein Drittel der Befragten atypisch beschäftigt (Leiharbeit, Minijobs, Befristungen, Teilzeitbeschäftigung mit weniger als 35 Arbeitsstunden pro Woche). Jetzt hat das Institut die Ergebnisse veröffentlicht.

 

Wie sich insgesamt zeigte unterscheiden sich die subjektiven Wahrnehmungen der Belastungen und Beanspruchungen bei Beschäftigten in Normalarbeitsverhältnissen und bei Beschäftigten in atypischer Beschäftigung deutlich. Ähnliches gilt auch für Aussagen zum betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz.

 

  • Belastungen:

Während unbefristet Beschäftigte häufiger angeben, von „hoher Verantwortung“ (38 %), „hohem Zeitdruck“ (34 %) und tendenziell von „Multitasking“ (32 %) sowie „Vorschriften und Kontrolle“ (26 %) belastet zu sein, fühlen sich Beschäftigte in befristeten Arbeitsverhältnissen tendenziell stärker von körperlichen Belastungen wie „körperlich schwere Arbeit“ (22 %) und „körperliche Zwangshaltung“ (22 %) betroffen. Auch gaben sie häufiger an, durch „Angst vor Arbeitsplatzverlust“ (24 %) belastet zu sein. Die Autoren der Studie vermuten, dass die subjektiven Belastungen durch die berufliche Stellung begründet sind, da befristet Beschäftigte häufiger eine „niedrigere“ berufliche Stellung besetzen als unbefristete, die oftmals zusätzlich mit Führungsaufgaben betraut sind.

 

Während sich einerseits Beschäftigte in Normalarbeitsverhältnissen tendenziell stärker durch ihre Arbeit belastet fühlen sich als beispielsweise Teilzeitbeschäftigte, leiden Frauen in Teilzeitbeschäftigung verstärkt unter Mehrfachbelastungen, wie sie beispielsweise durch die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen entstehen. Teilzeit- und Mini-Job-Beschäftigte geben zudem tendenziell häufiger an, durch „fehlende Aufstiegsmöglichkeiten“ und „monotone Arbeit“ belastet zu sein. Und wie bei den befristet Beschäftigten bündeln sich auch bei Minijobbern finanzielle Unsicherheit sowie fehlende Planbarkeit und körperliche Belastungen.

 

  • Arbeitsschutz:

Unter dem Aspekt des betrieblichen Arbeitsschutzes sind atypische Beschäftigungsformen per se problematisch, weil die Integration dieser Beschäftigten in die Betriebe oft nur unzureichend erfolgt (vgl. auch 29/07/2014) und sich damit „klassische Settings des Arbeitsschutzes“ verändern. Entsprechend fällt die Beurteilung dieses Schutzsystems bei den atypisch Beschäftigten negativer aus als bei den anderen Beschäftigten, zudem sind sie schlechter über betriebliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes informiert.

 

So beurteilten die Befragten aus der Gruppe der Teilzeitbeschäftigten und Minijobber die Arbeitsschutzmaßnahmen deutlich seltener als „eher gut“. Auch sind sie (selbst über gesetzliche Pflichtmaßnahmen) nur unzureichend informiert oder vertreten fälschlicherweise die Auffassung, dass diese Dinge sie nicht betreffen.

 

Die betrieblichen Präventionskonzepte erreichen somit nur unzureichend die Gruppe der atypisch Beschäftigten und können zur Verstärkung negativer Kumulationseffekte aus ökonomischen Risiken, unzureichender Planbarkeit und körperlichen Belastungen führen. Für die Autoren besteht hier „deutlicher Handlungsbedarf“.

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Quelle:

LIA.nrw - Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (2014): Gesunde Arbeit NRW 2014: Belastung - Auswirkung - Gestaltung - Bewältigung. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in NRW. transfer 5, Düsseldorf (Sept. 2014).

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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