Rentenkürzung Altersarmut Beschäftigung

 

PREKARISIERUNG:

 

14/11/2014:

Die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer steigt... - nicht genug

(von Markus Krüsemann)

 

 

Anfang 2012 hat der Einstieg in die Rente mit 67 begonnen. Für die Beschäftigten ist mit der erzwungenen Verlängerung des Erwerbslebens vor allem ein Problem verbunden: wie schaffe ich es, bis zum Schluss eine existenzsichernde Arbeit zu finden. Schon vor der Anhebung der Altersgrenze war der Übergang zur Altersrente für viele Beschäftigte jenseits der 60 problematisch: die letzten Jahre vor der Rente waren geprägt von Arbeitslosigkeit, vorzeitigem Rentenbezug oder atypischen bzw. prekären Beschäftigungsverhältnissen (siehe 29.03.2011). In den letzten Jahren sind die Chancen älterer Menschen auf reguläre Beschäftigung langsam gestiegen (siehe 04.04.2012), aber reicht das?

 

Einem Bericht von Spiegel Online zufolge haben sich die Beschäftigungschancen älterer Menschen in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Aus einer Antwort des SPD geführten Sozialministeriums auf eine Grünen-Anfrage gehe hervor, dass die Beschäftigungsquote der 60- bis 64-Jährigen im vergangenen Jahr bei 32,4 Prozent gelegen habe. Vor fünf Jahren seien es erst 20,5 Prozent gewesen.

 

Tatsächlich zeigt ein Blick in das Dokument, dass die Beschäftigungsquote der 60- bis unter 65-Jährigen seit 2007 kontinuierlich gestiegen ist. 2013 war mit 32,4 Prozent knapp ein Drittel dieser Altersgruppe sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das ist nicht nur nicht viel, das ist zu wenig, zumal in der Quote auch die Teilzeit- und die Altersteilzeitbeschäftigten mit einbezogen sind. Die Beschäftigungsquote allein der regulär Vollzeitbeschäftigten ist nicht bekannt, denn sie wird in der statistischen Berichterstattung der Bundesagentur für Arbeit nicht gesondert erfasst (vgl. aber 31.07.2012).

 

Weiterhin groß ist zudem das Problem der Unterbeschäftigung und der Arbeitslosigkeit unmittelbar vor Renteneintritt. Wie die Zahlen zu den nach Alter gestaffelten Erwerbstätigenquoten zeigen, waren 2013 66,9 Prozent der Menschen im Alter von 60 Jahren in irgendeiner Form erwerbstätig (und sei es nur der Minijob). In den Folgejahren sinkt die Quote allerdings drastisch. Unter den 63-Jährigen war 2013 nur noch 38,1 Prozent erwerbstätig, bei den 64-Jährigen lag die Quote nur noch bei 31,3 Prozent.

 

In den letzten Jahren vor der Rente ist die Gefahr arbeitslos zu werden immer noch überdurchschnittlich hoch. 2013 lag die Arbeitslosenquote insgesamt bei 6,9 Prozent, bei den 60- bis 64-Jährigen erreichte sie dagegen 8,4 Prozent. Im Oktober 2014 zeigte sich ein ähnliches Bild: Hier lag die Arbeitslosenquote (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) laut BA-Statistik insgesamt bei 6,3 Prozent. In der Gruppe der 55- bis unter 65-jährigen lag sie dagegen bei 7,4 Prozent.

 

Die Beschäftigungsquote Älterer gilt als Schlüsselgröße für die Diskussion über die Rente mit 67. Die SPD etwa hatte Anfang 2012 die Forderung erhoben, die Erhöhung des Rentenalters auf Eis zu legen, solange nicht mindestens jeder Zweite über 60 eine sozialversicherungspflichtige Stelle habe.

 

Laut Spiegel Online werde in den kommenden Wochen ein Regierungsbericht zur Lage älterer Arbeitnehmer erwartet. Die Regierung werde auf seiner Basis einschätzen, ob es weiter vertretbar ist, die Regelaltersgrenze Schritt für Schritt auf 67 Jahre zu erhöhen. Die vorliegende Antwort des Sozialministeriums zeige nach Einschätzung des Grünen-Rentenexperten Markus Kurth schon, dass die Regierung an ihren Plänen festhalten wolle.

 

Fazit: Die zunächst äußerst geringen Chancen älterer Menschen auf reguläre Beschäftigung sind in den letzten Jahren langsam gestiegen, aber es reicht hinten und vorne nicht: die Arbeitslosenquote Älterer bleibt überdurchschnittlich hoch, und der weit überwiegende Teil der Erwerbstätigen ab 60 Jahre hat in den letzten Jahren vor der Rente keine reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Für sie alle ist die Rente mit 67 nichts anderes als ein stattlich verordnetes Kürzungsprogramm.

_____________________

 

Quellen:

Spiegel online vom 14.11.2014

 

Berichtspflicht zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Kurth, Brigitte Pothmer, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 18/3127 (10.11.2014).

 

Weiterlesen:

 

- Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2014): Beschäftigungsstatistik, Sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigte nach Altersgruppen, Nürnberg, November 2014.

 

- Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2014): Arbeitsmarkt in Zahlen, Arbeitslose nach Rechtskreisen, Nürnberg, Oktober 2014.

____________________________________________________________________________

 

Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

zurück