atypische & prekäre Beschäftigung

 

ATYPISCHE BESCHÄFTIGUNG:

 

11/03/2015:

IAB rekapituliert Befunde zu atypischer und Niedriglohnbeschäftigung

(von Markus Krüsemann)

 

 

Auch dieses Jahr hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wieder eine allgemeine Stellungnahme zur Lage am Arbeitsmarkt veröffentlicht. Darin fasst das Institut seine Aussagen zu den aus seiner Sicht wichtigsten Arbeitsmarktthemen zusammen.

 

Neben vielen positiven Aspekten werden als „Schattenseiten“ der Arbeitsmarktbilanz zwar das kräftige Wachstum des Niedriglohnbereichs, die Zunahme der Lohnungleichheit und die stark gestiegene Zahl atypischer Beschäftigungsverhältnisse (z.B. Teilzeit, Zeitarbeit, Minijobs) genannt. Alle drei Aspekte zählt das IAB allerdings nicht explizit zu den „großen Herausforderungen“ für die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland. Zu ihnen gehört laut IAB allerdings die „Aufstiegsmobilität“, für die das Institut dann niedrige Löhne und instabile Beschäftigungsverhältnisse als hinderlich bewertet.

 

Die ganz überwiegend deskriptive Stellungnahme zur atypischen und schlecht entlohnten Beschäftigung weicht kaum von den Einlassungen des Vorjahres ab (siehe 22.01.2014). Die darin zum Ausdruck kommende Sichtweise des IAB lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

 

-- Atypische Beschäftigung:

 

Die Ausweitung atypischer Beschäftigung ist ein Trend, der bereits in den 1990er Jahren eingesetzt hat und nicht erst mit den Hartz-Reformen. Von 2011 bis 2013 hat sich ihre Ausdehnung verlangsamt.

 

Teilzeitbeschäftigung ist die größte atypische Erwerbsform. Sie hat im Vergleich zu anderen Bereichen atypischer Beschäftigung „nicht ganz so stark“ zugenommen.

 

Der Anteil der Befristungen verharrte im letzten Jahrzehnt bei 7-8 Prozent der abhängigen Beschäftigung mit seit 2011 leicht sinkender Tendenz. Befristungen werden oftmals als verlängerte Probezeit genutzt, sie „können“ eine wichtige Rolle beim Einstieg in das Berufsleben spielen.

 

Leiharbeit und Minijobs haben sich seit der Wiedervereinigung jeweils vervierfacht. Sie sind damit die Erwerbsformen mit dem stärksten Wachstum, das sich aber zuletzt nicht fortgesetzt hat.

 

-- Niedriglohnsektor:

 

Im Niedriglohnsektor sind „überproportional häufig“ atypische Beschäftigungsverhältnisse angesiedelt, doch auch eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung sichert „nicht zwangsläufig“ die materielle Existenz.

 

2012 und in den Jahren davor bezog fast ein Viertel aller Beschäftigten einen Niedriglohn (weniger als 2/3 des mittleren Lohns). Unter den Vollzeitbeschäftigten ist der Anteil der Geringverdiener „etwas niedriger“.

 

Zur Gruppe der Niedriglohnbezieher gehören in Deutschland „vor allem Frauen und Teilzeitbeschäftigte“.

 

Die Ungleichheit in der unteren Hälfte der Lohnverteilung ist größer als im weit überwiegenden Teil der EU-Länder.

 

-- Aufstocker und der Mindestlohn:

 

Geschätzte 57 bis 64 Tsd. Aufstocker werden nach Einführung des Mindestlohnes keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld II haben. Der Mindestlohn hilft damit „nur wenigen Aufstockern“, die Bedürftigkeit zu überwinden.

 

Laut Simulationsrechnung werden die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II durch den Mindestlohn um jährlich 700 Mio. bis 900 Mio. Euro reduziert.

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Quelle:
IAB - Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (Hg.) (2015): Zentrale Befunde zu aktuellen Arbeitsmarktthemen, Aktuelle Berichte 07/2015, Nürnberg.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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