Leiharbeit Zeitarbeit Arbeitnehmerüberlassung

 

LEIHARBEIT:

 

01/06/2016:

Lohnuntergrenze für Leiharbeit Ost endlich auf Mindestlohnniveau

(von Markus Krüsemann)

 

In den ostdeutschen Bundesländern kennen Leiharbeitsbeschäftigte, die in der untersten tariflichen Entgeltstufe einsortiert sind, den gesetzlichen Mindestlohn bisher nur vom Hörensagen. Erst heute hat sich die Branche bequemt, auch ihnen endlich das Minimum von 8,50 Euro zu gewähren.

 

Vom heutigen Tag an gelten in der Branche der Arbeitnehmerüberlassung neue Mindestlöhne. Für Leiharbeitsbeschäftigte in Westdeutschland wird das Mindestentgelt um 2,3 Prozent von 8,80 auf jetzt neun Euro/Stunde angehoben. Ihre Kolleg/innen in Ostdeutschland hinken weiterhin hinterher, erreichen jetzt aber endlich ein Mindeststundenentgelt in Höhe des bereits seit Januar 2015 geltenden allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro. Gegenüber den bislang gezahlten 8,20 Euro bedeutet das eine Anhebung um 3,7 Prozent.

 

Auch mit den neuen Lohnuntergrenzen wird sich prinzipiell nichts an der prekären Einkommenssituation der nach Entgeltgruppe 1 (Mindestlohn) bezahlten Leihkräfte ändern. Sie werden weiterhin zu den Geringverdienern zählen, denn die Schwelle zu Niedriglöhnen hatte 2012 (!) schon bei einem Bruttostundenlohn von 9,30 Euro gelegen.

 

Der den Anhebungen zugrunde liegende Entgelttarifvertrag wurde zwischen dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) als Arbeitgebervertreter und den in der Tarifgemeinschaft Leiharbeit des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zusammengeschlossenen Gewerkschaften ausgehandelt. Seitdem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) derartige Tarifvereinbarungen per Verordnungen als allgemeinverbindlich für die gesamte Branche erklärt, sind alle Verleihbetriebe, darunter auch im Ausland ansässige Personaldienstleister, an die Lohnuntergrenze gebunden.

 

Auch die Branchenzuschläge steigen

 

Bedingt durch die generellen Lohnanhebungen steigen auch die in insgesamt elf Branchen vereinbarten Branchenzuschläge, da sie anteilig zu den ausgehandelten Basislöhnen errechnet werden. Durch die nach Einsatzzeiten im Kundenbetrieb gestaffelten Zuschläge können die Löhne von dort eingesetzten Leihkräften theoretisch zwar um bis zu 50 Prozent steigen, in der Praxis passiert das jedoch selten: Für knapp die Hälfte der Leiharbeiter endet ihr Einsatz beim entleihenden Unternehmen bereits nach weniger als drei Monaten (siehe 15.07.2014).

 

Branchenmindestlöhne nur selten noch unter neun Euro

 

Mit 8,50 Euro zählt der Branchenmindestlohn für ostdeutsche Leiharbeiter/innen zu den niedrigsten aller zwischen Tarifpartnern vereinbarten Lohnuntergrenzen. Damit reiht er sich weiterhin in eine kleine Riege von Niedriglohnbranchen ein, in denen immer noch Mindestlöhne unterhalb von neun Euro gezahlt werden. Neben dem notorisch schlecht entlohnenden Agrarsektor sind dies die Fleischindustrie, die Textil- und Bekleidungsindustrie, das Friseurhandwerk, die Wäschereidienstleister und Teilbereiche des ostdeutschen Gebäudereinigerhandwerks. In den übrigen 12 Branchen mit Mindestlohnvereinbarungen liegen die Untergrenzen (zum Teil deutlich) höher.

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Quellen:

Tarifvertrag zwischen Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V. (BAP), iGZ – Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. (iGZ) und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB.

 

WSI-Tarifarchiv: Mindestlöhne in Deutschland nach Mindestlohngesetz (MiLoG) / Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) / Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) / Tarifvertragsgesetz (TVG), Stand: Mai 2016.

 

Weiterlesen:

 

- BMAS - Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Zweite Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung vom 21. März 2014.

 

- Entgelttabelle des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP).

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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