Leiharbeit Arbeitnehmerüberlassung

 

LEIHARBEIT:

 

01/03/2017:

Höhere Mindestlöhne in der Leiharbeit bleiben Niedriglöhne

(von Markus Krüsemann)

 

Heute zündet die erste Stufe der zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft Leiharbeit und den Arbeitgeberverbänden Ende 2016 ausgehandelten Entgeltvereinbarungen zu den Mindestlöhnen in der Arbeitnehmerüberlassung. Mit weit unter zehn Euro pro Stunde bleiben sie klar im Niedriglohnbereich. Auch mit der nächsten Erhöhung zum 01.04.2018 wird sich das nicht ändern.

 

Gemäß des zwischen der DGB-Tarifgemeinschaft Leiharbeit und den Arbeitgeberverbänden in der Leiharbeit (iGZ und BAP) im Dezember 2016 ausgehandelten Entgelttarifvertrags steigen vom heutigen Tag an die Mindestlöhne in der Leiharbeit. In der untersten Entgeltgruppe in Westdeutschland steigt der Stundenlohn von 9,00 auf 9,23 Euro, das ist ein Plus von 2,5 Prozent. Im Osten der Republik steigt der Lohn auf 8,91 Euro. Bis Ende 2016 hatte die unterste Entgeltstufe hier noch bei 8,50 Euro, also auf Mindestlohnniveau gelegen. Mit dessen Anhebung erhielten die Leiharbeitsbeschäftigten seit Januar 2017 ebenfalls mindestens 8,84 pro Stunde. Da die aktuelle Anhebung demnach nur läppisch zu nennende 0,8 Prozent beträgt, kann vermutet werden, dass die ausgehandelte Lohnsteigerung bloß symbolischer Natur („mehr als der Mindestlohn“) zwecks Gesichtswahrung der Gewerkschaften war.

 

Die untersten Löhne in der Leiharbeit liegen damit weiterhin klar unterhalb der Niedriglohnschwelle von zuletzt im Rahmen der Verdienststrukturerhebung 2014 errechneten 10,00 Euro (ohne Einbezug der Auszubildenden) (siehe 11.12.2016). Daran ändert sich auch mit der nächsten Lohnanhebung zum 01.04.2018 nichts, denn dann werden die Mindestentgelte im Osten wie im Westen weiterhin unterhalb der Zehn-Euro-Marke bleiben. Das sind fürwahr Niedriglöhne, die so recht zum Billigheimer- und Dumping-Image der Branche passen. Im April 2014 jedenfalls waren 39,5 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse in der Leiharbeit dem Niedriglohnsektor zuzuordnen. Zu einer grundlegenden Besserung dieser Zustände werden die jüngsten Entgeltanhebungen wohl nichts beitragen.

 

Tarifverträge in der Leiharbeit sind umstritten

 

Der neuerliche Abschluss von Tarifverträgen in der Leiharbeit seitens der DGB-Gewerkschaften war sowieso umstritten. KritikerInnen monieren, dass die ArbeitnehmerInnenvertreter damit ohne Not die Möglichkeit aus der Hand gegeben haben, das selbst gesetzte Ziel und Versprechen des „Equal Pay“ (gleicher Lohn für gleiche Arbeit, egal ob in Leiharbeit oder in Festanstellung) unmittelbar zu verwirklichen. Abgesehen von den hier deutlich werdenden grundsätzlichen Widersprüchen in der Gewerkschaftsstrategie bei der Leiharbeit sind die erreichten Tarifsteigerungen für sich betrachtet nicht gerade üppig zu nennen. Offensichtlich konnte die Tarifgemeinschaft Leiharbeit die Exit-Option (Wenn die Verhandlungen platzen, dann gibt es Equal Pay) nicht glaubwürdig als Druckmittel einsetzen, wenn sie es denn überhaupt versucht hatte.

 

Tarifvertraglich ausgehandelte und dank Mindestlohnverordnung allgemein verbindliche Mindestlöhne in der Leiharbeit gibt es übrigens seit Januar 2012 (siehe 20.12.2011). Die Untergrenzen lagen damals bei 7,01 Euro in Ostdeutschland (einschl. Berlin) und 7,89 € in Westdeutschland. Nach gut fünf Jahren liegen die aktuellen Mindestlöhne in Ostdeutschland um 27,1 Prozent, in Westdeutschland um 17,0 Prozent höher. Der hier erkennbare Annäherungsprozess der Ost- an die Westentgelte wird sich allerdings noch einige Jahre hinziehen. Erst zum 01.042021 wird die Entgeltgleichheit in allen in allen neun Entgeltgruppen erreicht sein.

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Quellen:

Tariftabelle Leiharbeit/Zeitarbeit, Tarifvertrag DGB und iGZ/BAP zum 1.1.2017

 

Statist. Bundesamt (Hg.) (2016): Verdienststrukturerhebung - Niveau, Verteilung und Zusammensetzung der Verdienste und der Arbeitszeiten abhängiger Beschäftigungsverhältnisse, Fachserie 16 Heft 1, Wiesbaden.

 

Weiterlesen:

 

- Aktuelle Entwicklungen in der Leiharbeit. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Klaus Ernst, Sabine Zimmermann (Zwickau), Jutta Krellmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE, BT-Drucksache 18/9557 (09/2016).

 

- Krüsemann, M. (2016): Statt Entgeltgleichheit: Löhne in der Leiharbeit bleiben verhandelbar. Nachdenkseiten.de vom 06.12.2016.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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