Mindestlohn Branchenmindestlohn

 

MINDESTLÖHNE:

 

01/10/2015:

Neue Mindestlohnvereinbarungen in drei Branchen

(von Markus Krüsemann)

 

 

In drei Branchen treten ab heute Änderungen bei den Mindestlohnvereinbarungen in Kraft. In der Abfallwirtschaft und in der Fleischwirtschaft steigen die Mindestlöhne. Im Pflegesektor wird der Mindestlohn auf Betreuungskräfte der Altenpflege ausgeweitet.

 

Abfallwirtschaft:

 

Vom heutigen Tag an gilt für alle Beschäftigten der Abfallwirtschaft bundesweit ein neuer (erhöhter) Mindestlohn. Er steigt allerdings kaum, von 8,86 auf 8,94 Euro, wird aber bereits zum 1. Januar 2016 auf 9,10 Euro/Stunde (brutto) angehoben. Da das Kabinett vor gut einer Woche eine entsprechende Verordnung des Bundesarbeitsministeriums gebilligt hat, kann die Verordnung heute in Kraft treten. Damit müssen auch solche Betriebe den Mindestlohn zahlen, die nicht tariflich gebunden sind.

 

Auf den neuen Mindestlohntarifvertrag für die Abfallwirtschaft hatten sich die Gewerkschaft ver.di und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sowie der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. (BDE) bereits im Juni geeinigt. Er wurde auf Antrag der Tarifparteien für allgemeinverbindlich erklärt und ist damit jetzt für alle Arbeitgeber der Branche bindend. Es handelt sich bereits um die siebte Verordnung des Ministeriums in Folge. Die sechste Mindestlohnverordnung für die Branche war am 30.06.2015 ausgelaufen. Die aktuelle Verordnung ist bis zum 31. März 2017 befristet.

 

Der Mindestlohntarifvertrag der Abfallwirtschaft gilt auch für die Beschäftigten bei Straßenreinigungs- und Winterdiensten. In der Branche sind rund 180.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tätig.

 

Fleischwirtschaft:

 

In der Fleischwirtschaft wird die einheitliche Lohnuntergrenze endlich über den gesetzlichen Mindestlohn gehievt. Sie steigt von 8,00 auf 8,60 Euro bundesweit, ein Plus von 7,5 Prozent.

 

Ein Mindestlohn existiert in der Branche erst seit August 2014 (siehe 01.08.2014) . Für die großen Fleischkonzerne war es ein (vor dem Hintergrund der für Januar 2015 sowieso anstehenden Mindestlohneinführung) relativ kostengünstiger Versuch, ihr Image aufzupolieren, das durch zahlreiche Medienberichte über untragbare Arbeitsbedingungen, Lohndumping und Ausbeutung kräftig ramponiert war.

 

Pflegebranche:

 

Der Kreis der Beschäftigten, für die der Pflegemindestlohn gilt, wird deutlich ausgeweitet. Er gilt ab heute auch für die etwa 45.000 Betreuungskräfte der teil- und vollstationären Altenpflege (Betreuungskräfte von dementen Personen, Alltagsbegleiter/innen, Assistenzkräfte). Auch für ihre Entlohnung liegt das Minimum jetzt bei den seit Anfang des Jahres (siehe 01.01.2015) geltenden 8,65 Euro/Std. in den ostdeutschen und 9,40 Euro/Std. (jew. bruttto) in den westdeutschen Bundesländern und Berlin (vgl. Zweite Pflegearbeitsbedingungenverordnung).

 

In der Pflegebranche gibt es bereits seit Juli 2010 einen Mindestlohn, der in seiner Höhe von einer eigens gebildeten Pflegekommission vorgeschlagen wird. Auch die Ausweitung verdankt sich einem Beschluss dieser Kommission. Ihre acht Mitglieder (kirchliche und nicht-kirchlichen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter) hatten vereinbart, dass die Betreuungskräfte ab Oktober statt des gesetzlichen Mindestlohns von 8.50 Euro den höheren Pflege-Mindestlohn bekommen sollten.

 

Allgemein verbindliche Branchenmindestlöhne nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz, dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder dem Tarifvertragsgesetz gibt es derzeit in insgesamt 17 Branchen.

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Quellen:

Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Mindestlöhne im Sinne des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (einschl. d. Lohnuntergrenze nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz)

 

Übersicht der Bundesregierung: geltende allgemeinverbindliche tarifliche Mindestlöhne nach Branchen, Stand: Dezember 2014

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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