Leiharbeit Arbeitnehmerüberlassung

 

LEIHARBEIT:

 

15/12/2015:

Leiharbeit geht auf die Knochen

(von Markus Krüsemann)

 

 

Gegenüber regulär Beschäftigten sind Leiharbeitnehmer/innen vielfältig benachteiligt: Schlechtere Bezahlung, meist kurze Einsatzzeiten, ständig wechselnde Arbeitsorte, stets drohende Arbeitslosigkeit (vgl. 27.02.2014). Leiharbeit ist nicht besonders attraktiv. Da ist es kein Wunder, dass Beschäftigte in der Arbeitnehmerüberlassung mit ihrer Tätigkeit häufig unzufrieden sind. Wie eine Befragung unter 11.000 Leiharbeiter/innen zeigte, empfanden weniger als die Hälfte von ihnen ihre Tätigkeit als positiv (siehe 15.01.2014).

 

Dabei spielt sicher auch eine Rolle, dass Leiharbeit häufig eintönig und körperlich beanspruchend ist (siehe 31.01.2014). Das drückt nicht nur auf die Motivation, sondern hat auch Folgen für die körperliche Unversehrtheit. Wie jetzt durch eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag bekannt wurde, sind die Gesundheitsrisiken in der Leiharbeit deutlich höher als in der gesamten Wirtschaft. Stärkere körperliche Anforderungen unter oft ungünstigen Umgebungsbedingungen führen dazu, dass Leiharbeiter an deutlich mehr Tagen arbeitsunfähig zu Hause bleiben müssen.

 

Die Angaben der Bundesregierung, die sich auf einen Gesundheitsbericht der Techniker Krankenkasse (TK) aus dem Jahr 2013 stützen, sind eindeutig: Leiharbeitsbeschäftigte sind häufiger und länger krank. Während für Berufstätige aus allen anderen Branchen 2012 durchschnittlich 1,08 Fälle von Arbeitsunfähigkeit mit insgesamt 13 Fehltagen verzeichnet wurden, kamen Beschäftigte in der Leiharbeit auf 1,42 Arbeitsunfähigkeitsfälle (+31,5%) und 18 Fehltage (+38,5%).

 

Leiharbeit ist ein Knochenjob

 

Auch bei den Ursachen für die Krankheitsfälle gibt es deutliche Unterschiede, denn Leiharbeit geht wortwörtlich auf die Knochen. Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems führten bei Leiharbeiter/innen 2012 zu durchschnittlich 4,13 Fehltagen. Bei den übrigen Beschäftigten waren es nur 2,63 Fehltage. In ähnlichem Ausmaß größer ist auch die Verletzungsgefahr bei Arbeitsunfällen. 2012 fehlten Beschäftige in der Leiharbeit an durchschnittlich 2,44 Tagen verletzungsbedingt. Bei allen anderen Beschäftigten waren es nur 1,54 Tage. Dazu passen die ebenfalls in der Antwort der Bundesregierung aufgeführten Angaben der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) über die Unfallquoten für Arbeitsunfälle. 2014 lag die Unfallquote in der Leiharbeitsbranche bei 24,8 meldepflichtigen Unfällen pro1.000 Versicherte. Die Gesamtquote lag hingegen bei 23,7.

 

Ein Großteil der höheren Belastungen hängt mit den Haupteinsatzgebieten der Leiharbeit zusammen. Für unliebsame, körperlich anstrengende und monotone Tätigkeiten wird gerade im Produktionsbereich gerne auf Leihkräfte zurückgegriffen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verweist laut Welt online aber auch darauf, dass die häufig wechselnden, kurzen Arbeitseinsätze mit einer höheren Verletzungsgefahr einhergehen. Leiharbeiter könnten die Unfallgefahren in einem Betrieb schlechter erkennen. Auch wüssten sie weniger um die „Kniffe und Tricks für fehlerfreies Handeln“ im Betrieb.

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Quellen:

Bundesregierung (2015): Gesundheitliche Risiken durch Leiharbeit. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE, BT-Drucksache 18/6950 (Dez. 2015).

 

Welt online vom 15.12.2015

 

Ärzte Zeitung online vom 14.12.2015

 

Weiterlesen:

 

- BAuA - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2014): Factsheet 03: Arbeitsbedingungen in der Zeitarbeit, Dortmund.

 

- Grund, C./ Martin, J./ Minten, A. (2014): Beschäftigungsstruktur und Zufriedenheit von Zeitarbeitnehmern in Deutschland. SOEPpapers, No. 677, Berlin.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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