atypische prekäre Beschäftigung

 

ATYPISCHE BESCHÄFTIGUNG:

 

15/05/2015:

Große Defizite im Arbeits- und Gesundheitsschutz bei atypisch Beschäftigten

(von Markus Krüsemann)

 

 

Von guter, existenzsichernder und eine sichere Zukunftsperspektive bietender Erwerbsarbeit sind atypisch in Leiharbeit und Werkverträgen, auf befristeten Stellen oder in Minijobs Beschäftigte oft weit entfernt. Nicht nur müssen sie sich als Mitarbeiter zweiter oder dritter Klasse mit oft unsicheren und vergleichsweise schlechter bis niedrig entlohnten Jobs begnügen. Sie werden auch am Arbeitsplatz in vielen Aspekten gegenüber regulär Beschäftigten benachteiligt (siehe 11.03.2014 und 15.09.2014).

 

Eine neue Untersuchung der Soziologen Dr. Karina Becker und Thomas Engel zeigt, dass bei atypischer Beschäftigung auch zahlreiche Elemente des Arbeits- und Gesundheitsschutzes nicht greifen. Die WissenschaftlerInnen von den Universitäten Trier und Jena konstatieren ein erheblich reduziertes Schutzniveau jenseits der Normalarbeit.

 

In ihrer Analyse, die in Heft Nr. 03/2015 der WSI-Mitteilungen erschienen ist, nehmen die AutorInnen die Arbeits- und Gesundheitsschutzbereiche Arbeitssicherheit, Unfallprävention sowie betriebliche Gesundheitsförderung und -prävention genauer in den Blick. Wie sich zeigte kommen die hier erreichten Standards primär Beschäftigten in unbefristeten Normalarbeitsverhältnissen zugute. Bei Leiharbeitern, Minijobbern oder Werkvertragsbeschäftigten, die beim Arbeitsschutz den Normalarbeitnehmern rechtlich weitgehend gleichgestellt sind, bestehen aber gravierende Defizite.

 

So seien atypisch Beschäftigte aufgrund kurzer Einsatzzeiten oft von Arbeitsschutzroutinen wie regelmäßigen Unterweisungen ausgeschlossen. Zudem gebe es Mängel bei der Betreuung durch Sicherheitsfachkräfte und Betriebsärzte, heißt es zu der Studie in einer Pressemitteilung des Herausgebers der Zeitschrift, dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.

 

Auch beim Thema Gesundheitsschutz konnten die ForscherInnen anhand von Interviewdaten des Bundesinstituts für Berufsbildung und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin niedrigere Schutzniveaus bei atypisch Beschäftigten aufzeigen. In den Interviews hatten 57 Prozent der Erwerbstätigen mit unbefristetem Vollzeitjob angegeben, dass ihr Betrieb Gefährdungsbeurteilungen durchführt, 58 Prozent berichteten von Gesundheitsförderung. Bei Beschäftigten, die in mindestens drei Kriterien vom Normalarbeitsverhältnis abwichen (etwa: Geringverdiener mit Teilzeit und Befristung) kamen indes nur 32 Prozent in den Genuss von Gefährdungsbeurteilungen, und ganze 21 Prozent hatten Zugang zu Gesundheitsförderung.

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Quellen:

WSI-Pressemitteilung vom 15.05.2015

 

Arbeitsschutz: Mit Werkvertrag im toten Winkel. In: Böckler impuls, Nr. 08/2015 vom 13. Mai 2015

 

Weiterlesen:

 

- Becker, K./ Engel, T. (2015): Reduziertes Schutzniveau jenseits der Normalarbeit, In: WSI-Mitteilungen, 68. Jg., Nr. 3, S. 178-186.

 

- Schulze-Buschoff, K. (2014): Teilhabe atypisch Beschäftigter – Rechte und Chancen. Vortrag auf der SAMF-Jahrestagung, Februar 2014, Berlin.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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