Leiharbeit Werkverträge Solo-Selbstständigkeit

 

ATYPISCHE BESCHÄFTIGUNG:

 

09/10/2014:

Wissensstand über Leiharbeit, Werkverträge, Solo-Selbstständigkeit

(von Markus Krüsemann)

 

 

Unter den atypischen Beschäftigungsverhältnissen haben neben der Leiharbeit auch Werkvertragsarbeit und Solo-Selbstständigkeit in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Während die Entwicklung bei der Leiharbeit relativ gut dokumentiert ist, ist der Kenntnisstand zur Entwicklung und zu den Strukturen von Werkvertragsarbeit und Solo-Selbstständigkeit lückenhaft.

 

Im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung haben die Sozialwissenschaftlerinnen Alexandra Manske und Tine Scheffelmeier eine Literaturrecherche durchgeführt und den aktuellen Wissensstand aufgearbeitet sowie Forschungslücken identifiziert. Das jetzt dazu vorgelegte Diskussionspapier bietet eine Zusammenfassung der Literatur zu den drei Beschäftigungsformen.

 

Im Einzelnen sind die Autorinnen zu folgenden Ergebnissen gelangt:

 

  • Leiharbeit:

Insgesamt ist die Anzahl der Leiharbeitsverhältnisse nach ihrer rechtlichen Regulierung im Jahr 2011 (u.a. Mindestlohn) gesunken. Im Betrachtungszeitraum Juni 2012 bis Juni 2013 etwa ging der Bestand an Leiharbeitsbeschäftigten um 6,2 Prozent zurück.

 

Dabei bleibt Leiharbeit zwar weiterhin männlich dominiert. Auffällig ist jedoch, dass im Zuge einer allmählichen Ausweitung von Leiharbeit im Dienstleistungssektor immer mehr Frauen in Leiharbeitsverhältnissen beschäftigt sind. Nach Ansicht der Autorinnen scheint sich die Leiharbeit zunehmend zur „gemischtgeschlechtlichten“ Branche zu entwickeln.

 

  • Werkverträge:

Obwohl Forschungsstand und Datenlage zum Thema Werkverträge unbefriedigend und lückenhaft sind, zeichnet sich ab, dass die Anzahl von Werkverträgen per Fremdvergabe mindestens in einzelnen, eher gering qualifizierten Branchen deutlich ansteigt. Schätzungen zufolge waren im Jahr 2011 deutschlandweit mehr als 600.000 Menschen über Werk- oder Dienstverträge beschäftigt. Damit hätte sich ihre Zahl seit 2002 fast verdoppelt.

 

Zwar lassen sich anhand des geringen Zahlenmaterials keine belastbaren Aussagen zu den möglichen Substitutionseffekten von Werkvertragsarbeit treffen. Zumindest als Arbeitshypothese gilt den Autorinnen aber, dass durch Werkverträge in einzelnen Branchen andere prekäre Beschäftigungsformen (Leiharbeit, Minijobs) mindestens flankiert, wenn nicht gar ersetzt werden.

 

Bereits vom derzeitigen Kenntnisstand ausgehend kann Werkvertragsarbeit allerdings eindeutig als eine neue prekäre Beschäftigungsform identifiziert werden, die schlechtere und unsicherere Arbeits- und Lohnbedingungen beinhaltet und sich auch auf den Lebenszusammenhang der Beschäftigten negativ auswirkt.

 

  • Solo-Selbstständigkeit:

Solo-selbstständige Erwerbsformen haben sich seit den 1990er Jahren sprunghaft ausgeweitet, wobei sich im Zeitverlauf eine auffällige geschlechtsspezifische Verschiebung zeigt: seit Ende der 1990er Jahre ist der Zuwachs an Solo-Selbstständigen vornehmlich auf den Zugang von Frauen in diese Erwerbsform zurückzuführen. Zuletzt (2012) sind 2,25 Millionen Solo-Selbstständige gezählt worden.

 

Solo-Selbstständigkeit umfasst zunehmend Tätigkeiten, die bisher eher in abhängiger Beschäftigung ausgeübt wurden. Die höchste Anzahl an Solo-Selbstständigen findet sich im Dienstleistungsbereich (hier mit weiter steigender Tendenz) und im Bausektor.

 

Bei der Betrachtung der Einkommensverhältnisse von Solo-Selbstständigen fällt eine starke Spreizung auf, wobei die Höhe der Einkommen mit den Branchen variiert. Auffällig ist dabei der sehr hohe Anteil von Solo-Selbstständigen in die untersten Einkommensgruppen. Inwieweit hier das am stärksten wachsende Segment, der Bereich der öffentlichen und privaten Dienstleistungen, als ein prekärer (Niedrig)Lohnbereich fungiert, müsste durch weitere Untersuchungen noch verifiziert werden.

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Quelle:

Manske, A./ Scheffelmeier, T. (2014): Werkverträge, Leiharbeit, Solo-Selbstständigkeit - Eine Bestandsaufnahme. WSI-Diskussionspapier Nr. 195, Düsseldorf.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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