Minijob geringfügige Beschäftigung

 

MINIJOBS:

 

11/07/2016:

Wurde 2015 eine Trendwende bei den Minijobs eingeleitet?

(von Markus Krüsemann)

 

Im ersten Jahr nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns hat bei den geringfügig Beschäftigten erstmals seit vielen Jahren ein Abwärtstrend eingesetzt. Es gab deutlich weniger Menschen, die ausschließlich einem Minijob nachgegangen sind. Die Zahl der Minijobber im Nebenjob stieg dagegen weiter an.

 

Diese gegenläufige Entwicklung zeigte sich bereits in den ersten drei Quartalen, und sie setzte sich auch im letzten Quartal des Jahres 2015 fort. Die jetzt von der Bundesagentur für Arbeit (BA) im aktuellen Länderreport veröffentlichten Zahlen (Stichtag 30.12.2015) weisen für das Ende des vierten Quartals 2015 insgesamt 7,38 Millionen geringfügig Beschäftigte aus. Im Vergleich zu den Vorjahreswerten ging ihre Zahl damit von knapp 7,48 Millionen um 96.000 bzw. 1,3 Prozent zurück.

 

Dabei zeigte sich erneut das mittlerweile vertraute Muster: Wie schon in den vorherigen Quartalen (siehe 11.01.2016 und 11.04.2016) schrumpfte allein das Segment der ausschließlich in einem Minijob arbeitenden Beschäftigten (GeB ausschl.) auf zuletzt 4,84 Millionen. Ende 2015 lag das Minus damit bei etwa 170.000 oder 3,4 Prozent im Vergleich zum Dezemberwert des Vorjahres. Minijobs im Nebenjob (GeB zusätzl.) legten dagegen weiter zu. Mit einem Plus von 2,9 Prozent gegenüber dem Jahresende 2014 zählte die BA Ende 2015 insgesamt 2,54 Millionen im Nebenjob geringfügig Beschäftigte.

 

 Entwicklung der Minijobs von März 2011 bis Dez. 2015

Entwicklung der Minijobs
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigungsstatistik, geringfügig Beschäftigte

 

Bis auf wenige Ausnahmen sind in fast allen Wirtschaftszweigen Minijobs abgebaut worden. Die deutlichsten Verluste gab es im Verarbeitenden Gewerbe, hier insbesondere bei der „Herstellung von Vorleistungsgütern“ (-6,4 %). Im Dienstleistungsbereich, dort sind 86 Prozent aller Minijobbenden beschäftigt, schrumpfte die Zahl der Minijobs um 0,9 Prozent. Die größten Rückgänge verzeichneten hier die Wirtschaftszweige „Information und Kommunikation“ (-5,5 %) sowie „Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kfz“ (-3,6 %).

 

Die unrühmliche Ausnahme stellt erneut die Branche der Arbeitnehmerüberlassung dar. Im Vergleich zum Dezember 2014 wuchs die Zahl der in Leiharbeit geringfügig Beschäftigten im Dezember 2015 um satte fünf Prozent. Auch im Gastgewerbe legten Minijobs zu. Zwar wurden weniger ausschließlich geringfügig Beschäftigte gezählt, da aber ungleich viel mehr Minijobber/innen im Nebenjob hinzu kamen, lag die Steigerungsrate am Ende bei 1,6 Prozent.

 

Die Entwicklung im Jahr 2015

 

Im Jahresdurchschnitt 2015 lag die Zahl der Minijobbenden mit knapp 7,35 Millionen um etwa 119.000 unter den Vorjahreswerten, das entspricht einem Rückgang um 1,6 Prozent. Das deutlich größer ausgefallene Minus bei den ausschließlich geringfügig Beschäftigten wurde zum Teil durch die Ausweitung von im Nebenjob ausgeübten geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen kompensiert.

 

Mindestlohngetriebener Rückgang bei den ausschließlich geringfügig Beschäftigten

 

Die Gesamteinbußen bei den Minijobs gehen allein auf das Konto der ausschließlich in einem Minijob arbeitenden Beschäftigten (GeB ausschl.). Ihre Zahl schrumpfte binnen eines Jahres von durchschnittlich knapp 5,03 Millionen in 2014 auf 4,85 Millionen, das ist ein Minus von 3,6 Prozent. In der Grafik zeigt sich der deutliche Knick, nachdem die Zahl der nur als Minijobber Tätigen jahrelang um die Fünf-Millionen-Marke gependelt war.

 

 Entwicklung der Minijobs von 2003 bis 2015

Jahreszahlen zur Minijobentwicklung
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigungsstatistik, geringfügig Beschäftigte

 

Auch wenn bisher keine handfesten Beweise vorliegen, ist es doch mehr als wahrscheinlich, dass der Mindestlohn für den deutlichen Rückgang der ausschließlich geringfügigen Beschäftigung verantwortlich gemacht werden kann. Schließlich war es ja gerade diese Gruppe der Minijobber, auf die 2014 noch der höchste Anteil aller Beschäftigten mit Stundenlöhnen unter 8,50 entfiel.

 

Das aber ist eine gute Nachricht, denn von den im ersten Quartal 2015 im Vergleich zum Vorjahresquartal zusätzlich „verschwundenen“ Minijobbenden ist bekannt, dass sie mehrheitlich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnahmen. Nur ein ganz geringer Teil von ihnen meldete sich arbeitslos. Im Januar 2015, dem Monat mit den höchsten Minijobeinbußen, war für „insgesamt rund 57 Prozent der zusätzlichen Abgänge aus ausschließlich geringfügiger Beschäftigung (…) mit einem Übergang in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung verbunden“, schreibt die Mindestlohnkommission in ihrem ersten Bericht zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns dazu und ergänzt: „Nur knapp vier Prozent der im Vergleich zum Vorjahr zusätzlichen Abgänger meldeten sich arbeitslos oder bezogen SGB II- oder SGB III-Leistungen.“

 

Gegen den Trend: Minijobs als Nebenjob auf Rekordhoch

 

Ganz anders die Situation bei den zusätzlich geringfügig Beschäftigten (GeB zusätzl.). Die Zahl der als Zweitjob ausgeübten Minijobs ist 2015 im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen, von durchschnittlich 2,44 Millionen auf 2,50 Millionen. Dies ist ein Plus von 2,5 Prozent und markiert den höchsten bisher gemessenen Wert. Der Mindestlohn scheint die Beschäftigten demnach wohl nicht dazu zu veranlassen, auf die Ausübung eines geringfügigen Nebenjobs zu verzichten.

 

Die Ursachen für den Boom sind vielfältig. Für die mit der Ausweitung des Niedriglohnsektors gewachsene Zahl an Geringverdienern ist der zusätzliche Minijob oft eine Notwendigkeit, um noch einigermaßen über die Runden zu kommen. Hinzu kommen die unfreiwillig in Teilzeit Beschäftigten, die nur als Multijobber das benötigte Einkommen erzielen können. Und dann sind da noch jene, die gar nicht schlecht verdienen, sich aber mehr leisten wollen und dies zum Teil auch aus steuerlichen Gründen lieber im Nebenjob tun, als im Hauptjob Mehrarbeit zu leisten, die mit höheren Abgaben belastet wäre.

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Quellen:

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2016): Beschäftigungsstatistik, Länderreport - Deutschland, Nürnberg, Dezember 2015.

 

FAZ.net vom 09.07.2016

 

Der Trend geht zum Zweitjob“, MDR.de vom 05.07.2016

 

Weiterlesen:

 

- Minijobs in Deutschland. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE, BT-Drucksache 18/7840 (März 2016).

 

- Sozialpolitik-aktuell.de: Grafik des Monats 04/2016: Anstieg der geringfügigen Nebenbeschäftigung.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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