Mindestlohn Mindestlöhne

 

MINDESTLÖHNE:

 

01/12/2016:

Beschäftigung in NRW stieg auch nach Mindestlohneinführung

(von Markus Krüsemann)

 

Die Ergebnisse des IAB-Betriebspanels 2015 für Nordrhein-Westfalen liegen vor. Danach wurden nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in jedem fünften Betrieb in NRW Stundenlöhne auf mindestens 8,50 Euro angehoben. Eine Entlassungswelle blieb aus. Vielmehr stieg die Zahl der Beschäftigten 2015 um zwei, in den betroffenen Betrieben sogar um drei Prozent.

 

Man mag es schon gar nicht mehr sagen, aber mit jeder Studie, mit jeder Datenanalyse zur Beschäftigungsentwicklung nach Einführung des Mindestlohns bestätigt sich, dass die verpflichtende Lohnuntergrenze kein Jobkiller war und ist, sondern dass der Beschäftigungszuwachs weitergeht, gerade auch in den von der Mindestlohneinführung besonders betroffenen Niedriglohnbranchen. Das jüngste Beispiel dafür stammt aus Nordrhein-Westfalen. Dort wurden 2015 wie jedes Jahr im Rahmen des IAB-Betriebspanels etwa 1.400 Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten befragt. Die Ergebnisse der Arbeitgeberbefragung sind repräsentativ für die insgesamt gut 400.000 Betriebe im Bundesland, und sie fallen eindeutig aus.

 

Jeder fünfte Betrieb in NRW von Mindestlohneinführung betroffen

 

Wie sich dem vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAIS) vorgelegten Bericht zu den Befragungsergebnissen entnehmen lässt, hat die Einführung des Mindestlohns in NRW deutliche Spuren hinterlassen. Immerhin 20 Prozent der Betriebe mussten wegen der neuen Lohnuntergrenze die Löhne von mindestens einem Beschäftigten nach oben anpassen. Dabei betrafen die Lohnanhebungen nicht immer nur einen kleinen Teil der jeweiligen Belegschaft. Bei 39 Prozent der betroffenen Betriebe musste mindestens der Hälfte der dort Beschäftigen ab Januar 2015 ein auf 8,50 Euro erhöhter Lohn gezahlt werden.

 

Insgesamt profitierten rund 6 Prozent der nordrhein-westfälischen Beschäftigten von der gesetzlichen Lohnuntergrenze. Vor allem den Beschäftigten in Klein- und Kleinstbetrieben (Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten) kam der Mindestlohn zugute. Hier erhielt etwa jeder zehnte aus der jeweiligen Belegschaft eine Gehaltsaufstockung.

 

Beschäftigungszuwachs statt Personalabbau

 

Unter den Anpassungsreaktionen der Betriebe spielte der Personalabbau nur eine geringe Rolle. Lediglich drei Prozent der von der Mindestlohneinführung betroffenen Betriebe gab an, mit Entlassungen reagiert zu haben. Weitere acht Prozent hatten deswegen auf geplante Neueinstellungen erst einmal verzichtet. Stattdessen waren Arbeitszeitreduzierungen oder Arbeitsverdichtungen (24 % der Betriebe) und die Erhöhung der Absatzpreise (16 %) die Mittel der Wahl, um die höheren Personalkosten aufzufangen (vgl. 17.08.2016).

 

Zwischen Juni 2014 und Juni 2015 ist die Zahl der Beschäftigten in etwa jedem vierten der vom Mindestlohn betroffenen Betriebe zurückgegangen. Zugleich hat aber auch mehr als ein Drittel der betroffenen Betriebe trotz der Mindestlohneinführung Beschäftigung aufgebaut, die Beschäftigungsverluste wurden also durch die Gewinne mehr als kompensiert. Unterm Strich war die Zahl der Beschäftigten in den betroffenen Betrieben nach Mindestlohneinführung um drei Prozent gestiegen. Bemerkenswert daran: Im gleichen Zeitraum lag die Steigerungsrate beim Personalaufbau im gesamten Bundesland bei zwei Prozent. Nach Mindestlohneinführung hat sich also ausgerechnet in den Niedriglohnbranchen die Beschäftigung überdurchschnittlich erhöht.

 

Der Mindestlohn als Jobmotor? Solche Befunde müssen all jenen Kritikern, die im Vorfeld mit viel Tamtam das große Arbeitsplatzsterben an die Wand gemalt hatten, in den Ohren klingeln, vorausgesetzt sie entfernen ihre ideologischen Wachspfropfen - nicht wahr, werter Sachverständigenrat, wertes ifo-Institut, wertes IZA, werte Deutsche Bank Research...

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Quelle:

MAIS - Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2016): Mindestlohn und Weiterbildung der Betriebe in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse der jährlichen Arbeitgeberbefragung – Befragungswelle 2015, Düsseldorf.

 

Weiterlesen:

 

- Mindestlohnkommission (2016): Erster Bericht zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns. Bericht der Mindestlohnkommission an die Bundesregierung nach § 9 Abs. 4 Mindestlohngesetz, Berlin.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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