Geringverdiener Arbeitsarmut

 

GERINGVERDIENER:

 

26/11/2015:

Armutsgefährdung von Erwerbstätigen 2014 leicht rückläufig

(von Markus Krüsemann)

 

 

Weder eine gute Konjunktur noch der vermeintliche Jobboom konnten verhindern, dass die Zahl der von Armut betroffenen oder bedrohten Menschen in den letzten Jahren immer weiter gestiegen ist. Folgt man den Angaben aus dem letzten Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, so galten im Jahr 2013 rund 12,5 Millionen Menschen in Deutschland als arm. Die Armutsquote (sie bezeichnet den Anteil der von Armut bedrohten Menschen an der Gesamtbevölkerung) ist von 15 Prozent im Jahr 2012 auf 15,5 Prozent in 2013 gestiegen, ein historischer Höchststand. Nach dem Konzept der relativen Armut gelten Menschen dann als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren (bedarfsgewichteten) Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügen.

 

Zu den besonders von Armut besonders bedrohten Bevölkerungsgruppen zählen Erwerbslose und Alleinerziehende. Doch können auch immer mehr Erwerbstätige (vor allem, wenn sie nur über ein niedriges Qualifikationsniveau verfügen) nicht mehr von ihrem Einkommen allein leben. Wie Zeit online im Januar 2015 unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes berichtete, hatten Ende 2013 rund 3,1 Millionen Erwerbstätige ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle bezogen. Seit der politisch gewollten Ausweitung von Billiglohnjobs und prekärer Beschäftigung schützt eben auch Arbeit nicht mehr verlässlich vor dem Abrutschen in die Armut (siehe 19.11.2014). Immerhin: Für abhängig Beschäftigte hat sich das Armutsrisiko im Jahr 2014 zumindest statistisch wieder etwas verringert.

 

Aktuelle Daten zur Armutsgefährdung aus der Sozialberichterstattung der statistischen Bundes- und Landesämter zeigen, dass die Armutsgefährdungsquote der abhängig Erwerbstätigen (ab 18 Jahre) von 7,7 Prozent im Jahr 2013 auf 7,5 Prozent in 2014 zurückgegangen ist. Dies ist immer noch ein sehr hoher Wert, denn 2006 lag die Quote bundesweit noch bei 7,0 Prozent, um in den Folgejahren auf den Höchstwert von 2013 zu steigen.

 

 Armutsgefährdungsquoten abhängig Erwerbstätiger (in Prozent gemessen
 am Bundesmedian)

Armutsgefährdung abhängig Erwerbstätiger
Quelle: http://www.amtliche-sozialberichterstattung.de/A1armutsgefaehrdungsquoten.html

 

Der Rückgang wird diesmal auch von der Entwicklung in den ostdeutschen Bundesländern (einschl. Berlin) getragen. Hier sank die Armutsgefährdungsquote der abhängig Erwerbstätigen von 11,0 auf 10,4 Prozent. Das ist zwar kein großes Minus, doch es wurde immerhin der niedrigste Wert seit 2005 erreicht.

 

Auch in den westdeutschen Bundesländern (ohne Berlin) war die Quote ganz leicht rückläufig. Nachdem 2013 mit 6,9 Prozent ein Höchstwert erreicht wurde, ging die Armutsgefährdungsquote 2014 mit 6,8 Prozent wieder auf den Wert von 2013 zurück. Ein wirklicher Fortschritt ist das nicht.

 

Die in der amtlichen Sozialberichterstattung verwendetet Armutsgefährdungsquote bezeichnet den Anteil der Personen mit einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 60 Prozent des Medians der Äquivalenzeinkommen (hier: Bundesmedian) der Bevölkerung in Privathaushalten am Ort der Hauptwohnung. Als Datengrundlage wird der Mikrozensus genutzt, eine jährliche Befragung von etwa ein Prozent aller Haushalte zu ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation sowie zu ihrer Haupterwerbstätigkeit.

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Quellen:

Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Sozialberichterstattung: Armutsgefährdungsquoten nach soziodemografischen Merkmalen (August 2015).

 

Zeit online vom 24.01.2015

 

Der Paritätische Gesamtverband (Hg.) (2015): Die zerklüftete Republik - Bericht zur regionalen Armutsentwicklung in Deutschland 2014, Berlin.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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