atypische und prekäre Beschäftigung

 

ATYPISCHE BESCHÄFTIGUNG:

 

23/03/2015:

Verliert atypische Beschäftigung 2015 an Bedeutung?

(von Markus Krüsemann)

 

 

Die Zahl der Beschäftigten in atypischen Erwerbsformen jenseits des Normalarbeitsverhältnisses (unbefristete sozialversicherungspflichtige Vollzeitstelle) hat sich seit Beginn der 1990er Jahre stetig erhöht, was zu kräftig steigenden Anteilen zulasten einer schrumpfenden Normalarbeit führte. 2013 haben schon bis zu 40 Prozent aller Beschäftigten in atypischen Beschäftigungsformen (Teilzeitarbeit, Minijobs, Leiharbeit, befristete Beschäftigung, Solo-Selbstständigkeit) gearbeitet.

 

Seit dem im Frühjahr 2010 einsetzenden Boom bei den Erwerbstätigenzahlen zeichnet sich ein leicht veränderter Entwicklungspfad ab. Mit dem wieder stetig anwachsenden Arbeitsvolumen legte auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wieder zu, wobei dieser Zuwachs fast ausschließlich im Bereich der Teilzeitbeschäftigung stattfand. Damit stieg auch der Anteil sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung an allen Erwerbsformen wieder. Atypische und meist prekäre Beschäftigung legte in den letzten Jahren zwar auch weiter zu, doch hat sich ihre Ausweitung seit 2011 verlangsamt. Die Zahl der ausschließlich im Minijob Beschäftigten etwa hat sich kaum mehr verändert, die der Leiharbeiter ist seit 2012 leicht rückläufig, und auch der Anteil der befristetet Beschäftigten ist zuletzt nicht mehr gestiegen.

 

Zwar verbietet es sich angesichts des Booms bei der Teilzeitbeschäftigung, die mit guten Gründen der atypischen Beschäftigung zuzurechnen ist - vor allem dann, wenn sie unfreiwillig erfolgt (siehe 08.03.2015) - von einer grundlegenden Trendwende zu sprechen. Womöglich aber hat die Ausweitung der anderen atypischen Beschäftigungsformen ihren Zenit überschritten. Dann könnte es 2015 (jenseits der regulären Teilzeit) zu einem weiteren (wenigstens relativen) Bedeutungsverlust kommen. Zumindest das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geht jetzt schon davon aus. Laut seiner Arbeitsmarktprognose könnte sich der oben skizzierte Trend im Jahr 2015 noch verstärken.

 

Nach Einschätzung des Autorenteams der IAB-Prognose wird sich die Ausweitung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung weiter fortsetzen. Ihre Zahl soll 2015 um 540.000 Personen steigen und mit 30,74 Millionen einen neuen Rekordwert erreichen. Der Hauptanteil des Wachstums entfällt dabei wie gehabt auf den Bereich der sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung. Zwar steigt hier auch die Zahl der Vollzeitbeschäftigten, doch ist das geschätzte Plus zu gering, um dem Bedeutungsverlust der Normalarbeit Einhalt zu gebieten.

 

In Bezug auf die Entwicklung atypischer Beschäftigung jenseits der regulären Teilzeit enthält die Prognose leider nur Angaben zu den Minijobs. Hier rechnet das IAB vor allem wegen der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns mit einem kräftigen Rückgang um 180.000 Personen (die Zahl enthält allerdings auch Personen in Ein-Euro-Jobs und ausschließlich kurzfristig Beschäftigte).

 

Die Prognose enthält keine Schätzungen zur Entwicklung bei der Leiharbeit, der befristeten Beschäftigung und der Solo-Selbstständigkeit. Es bleibt also abzuwarten, ob 2015 ein Jahr des (relativen) Bedeutungsverlustes in diesem Bereich atypischer Beschäftigung wird und wie sich die Anteile der einzelnen Beschäftigungsformen verschieben.

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Quellen:

Fuchs, J./ Hummel, M. u.a. (2015): IAB-Prognose 2015: Der Arbeitsmarkt bleibt auf Erfolgskurs. IAB-Kurzbericht, Nr. 07/2015, Nürnberg.

 

IAB – Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (2015): Arbeitszeit und Arbeitsvolumen von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern in Deutschland, Stand: Februar 2015.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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