MINIJOBS:

 

22/03/2016:

Linke erfährt Altbekanntes zur Entwicklung der Minijobs

(von Markus Krüsemann)

 

Im Rahmen einer Kleinen Anfrage wollte die Linksfraktion im Bundestag von der Bundesregierung wissen, wie es um die Minijobs in Deutschland bestellt ist. Die lieferte in ihrer Antwort eine Reihe von Strukturdaten, doch etwas Neues kam dabei nicht heraus. Die Zahlen halten Altbekanntes und Veraltetes bereit.

 

Sie setzen falsche Beschäftigungsanreize, befördern die Ausweitung von Niedriglohnbeschäftigung und gelten weithin als beschäftigungspolitische Sackgasse – vor allem für Frauen. Dennoch haben geringfügige Beschäftigungsverhältnisse sich seit vielen Jahren auf dem Arbeitsmarkt breit gemacht. Seit 2008 gibt es im Jahresdurchschnitt mehr als 7 Millionen Minijobber.

 

Die eigentlich gut dokumentierte Entwicklung der Minijobs seit 2005 wollten sich Abgeordnete der Linksfraktion im Bundestag im Rahmen einer Kleinen Anfrage noch einmal von der Bundesregierung erläutern lassen. Zu den meisten ihrer insgesamt sechzehn Fragen erhielten sie die bereits bekannten Daten (vgl. 11.01.2016) aus der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA). Demnach gab es Ende Juni 2015:

 

- 7.381000 geringfügig entlohnt Beschäftigte, was einem Anteil von 20,5 Prozent
  an allen Beschäftigten entsprach;

- 4.902.000 ausschließlich, also nicht im Nebenjob geringfügig entlohnt Beschäftigte,

  was einem Anteil von 13,6 Prozent an allen Beschäftigten entsprach;

- die meisten Minijobber/innen im Einzelhandel (898.020) und in der Gastronomie (775.579).

 

Seit 2005 ist die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse insgesamt um 11,7 Prozent gestiegen, auch, weil immer mehr Menschen neben ihrer Hauptbeschäftigung noch einen Minijob als Nebenjob ausüben (GeB zusätzl.). Ihre Zahl stieg seit 2005 um 52 Prozent. Sie stellen mittlerweile ein Drittel aller Minijobbenden.

 

 Entwicklung der Minijobs 2003 bis 2014 (im Jahresdurchschnitt)

Minijobentwicklung
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigungsstatistik, geringfügig Beschäftigte (wegen einer Statistikrevision sind die Zahlen ab 2013 nicht mit den Vorjahreszahlen vergleichbar).

 

Die Benachteiligung von geringfügig Beschäftigten ist ebenfalls Thema der Anfrage. Auch hier gibt die Antwort der Bundesregierung ein paar Einblicke. So sind etwa Befristungen bei Minijobs überdurchschnittlich häufig anzutreffen. Nach Zahlen des Mikrozensus waren im Jahr 2014 rund 14,4 Prozent aller „hauptsächlich geringfügig Beschäftigten“ (die Kategorie entspricht in etwa jener der ausschließlich geringfügig Beschäftigten in der Beschäftigungsstatistik) befristet beschäftigt; bei allen abhängig Erwerbstätigen waren es 9,0 Prozent. In Ostdeutschland sind Befristungen deutlich häufiger. Hier hatten 2014 sogar 20,7 Prozent der hauptsächlich geringfügig Beschäftigten einen Zeitvertrag, in Westdeutschland lag der Anteil bei 13,4 Prozent.

 

Minijobs werden schlecht bezahlt

 

Schon seit längerem ist bekannt, dass geringfügig Beschäftigte in der ganz großen Mehrheit ausschließlich Niedriglöhne für ihre Arbeit erhalten. Gerne hätte man das noch genauer gewusst, doch die hierzu erfragten Angaben zu den Verdiensten der Minijobbenden sind leider wenig aussagekräftig, beruhen sie doch auf mittlerweile veralteten Daten. Nach den letzten aus der Verdienststrukturerhebung 2010 stammenden Zahlen lag der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten an allen Beschäftigten 2010 bei 21 Prozent. Ganz anders bei den Minijobs. 84 Prozent von ihnen jobbten für Niedriglöhne, in Ostdeutschland lag ihr Anteil sogar bei 92 Prozent.

 

Die Bruttostundenverdienste der geringfügig Beschäftigten lagen im Oktober 2010 übrigens bei durchschnittlich 8,65 Euro. Dafür hatten sie 2010 durchschnittlich 12,5 Wochenstunden gearbeitet. Die Ergebnisse aus der Verdienststrukturerhebung 2014 lagen noch nicht vor, sie werden erst für Septenber 2016 erwartet.

 

Fazit

 

Es gibt weiterhin viel zu viele Menschen, die in Minijobs erwerbstätig sind und dabei bewusst oder unbewusst große Nachteile etwa beim Einkommen und der Altersicherung und in anderen Bereichen (siehe 16.10.2015) in Kauf nehmen (müssen). Zwar hat die Einführung des Mindestlohns offensichtlich dazu geführt, dass einige Minijobs in reguläre Beschäftigungsverhältnisse überführt worden sind. Zudem ist durch den Mindestlohn wieder eine Deckelung des zuvor unbeschränkten Arbeitsvolumens erfolgt, womit die schlimmsten Ausbeutungsexzesse unterbunden werden. Doch letztendlich bleiben Minijobs auch weiterhin ein beschäftigungspolitischer Fehlgriff, der revidiert gehört.

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Quellen:

Minijobs in Deutschland. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE, BT-Drucksache 18/7840 (März 2016).

 

Jutta Krellmann: Immer mehr Menschen sind auf Zweitjobs angewiesen. Nachricht vom 15.03.2016.

 

Weiterlesen:

 

- Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2016): Beschäftigungsstatistik, Länderreport - Deutschland, Nürnberg, Januar 2016.

 

- ver.di - Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaften (2015): Gefahr der Altersarmut durch Minijobs noch nicht gebannt. sopo aktuell, Nr. 213 vom 18. Mai 2015.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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