Mindestlohn Lohnuntergrenze Mindestlohngesetz

 

MINDESTLÖHNE:

 

18/11/2014:

Mindestlohngesetz bedarf zum Erfolg der aktiven Ausgestaltung

(von Markus Krüsemann)

 

 

Ab Januar 2015 wird in Deutschland erstmals (wenn auch mit Ausnahmen) ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn gelten. Doch der Gesetzesbeschluss allein ist noch kein Garant für den Erfolg der Lohnuntergrenze. Schon jetzt werden Befürchtungen laut, dass der Mindestlohn in einigen Wirtschaftszweigen zu leicht umgangen werden könnte. Fraglich ist auch, ob zu Jahresbeginn schon genügend der angekündigten 1.600 zusätzlichen Zollmitarbeiter bereit stehen, um die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns von Beginn an umfassend kontrollieren zu können. Eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung hat untersucht, was alles für eine erfolgreiche Umsetzung des Gesetzes zu beachten ist. Der Analyse zufolge bedarf die Einführung des Mindestlohns einer aktiven Gestaltung.

 

Wie das WSI anlässlich der Veröffentlichung der Studie in einer Pressemitteilung schreibt, sei noch einiges zu tun, damit der allgemeine Mindestlohn ein Erfolg wird. Wichtig seien klarere Regeln in einigen wichtigen praktischen Fragen, wirksame Kontrollen, eine breite Informationskampagne und ein Dialog zwischen Unternehmen und Gewerkschaften. Gestaltungsbedarf sehen die Forscher vor allem in folgenden Bereichen:

 

- Transparente Vorschriften:

 

Um überprüfen zu können, ob die künftige Lohnuntergrenze eingehalten werde, wären präzisere Vorgaben dafür nötig, wie die tatsächliche Lohnhöhe zu berechnen sei. Derzeit sei nicht klar genug geregelt, welche Einkommensbestandteile in die Kalkulation einfließen dürften, und welche Tätigkeiten extra zu vergüten seien.

 

- Korrekte Erfassung der Arbeitszeit:

 

Zur Durchsetzung des Mindestlohns müsse neben der Lohnhöhe auch die Länge der Arbeitszeit erfasst werden. Erfahrungen aus dem Ausland zeigten, dass die unkorrekte Erfassung der Arbeitszeit eine gängige Praxis zur Umgehung von Mindestlöhnen sei. Zudem würden die gerade im Niedriglohnbereich weit verbreiteten Vergütungssysteme mit Stücklöhnen sowie Akkordarbeit zum Missbrauch einladen.

 

- Effektive Kontrollen:

 

Die große Mehrheit der Unternehmen verhalte sich erfahrungsgemäß zwar gesetzeskonform, gerade in arbeitsintensiven Branchen wie dem Einzelhandel oder dem Gastgewerbe sei aber durchaus mit Umgehungsversuchen zu rechnen. Um Verstößen gegen das neue Gesetz vorzubeugen, sei der Studie zufolge eine angemessene Kontrolldichte unerlässlich.

 

- Aufklärung und Durchsetzung von Ansprüchen:

 

Damit Arbeitnehmer im Zweifelsfall ihre Mindestlohnansprüche geltend machen könnten, müssten sie sich über ihre Rechte im Klaren sein. Arbeitgeber sollten daher verpflichtet werden, ihre Belegschaften über deren Ansprüche zu informieren. Außerdem müsse die Gehaltsabrechnung so gestaltet sein, dass die Einhaltung des Mindestlohns nachvollziehbar sei.

 

Für die Studie, die im Rahmen der NRW-Landesinitiative "Faire Arbeit - Fairer Wettbewerb" entstand (siehe 20.02.2013), haben die WSI-Forscher die Mindestlohn-Praxis in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden analysiert und sich mit der Durchsetzung von Lohnuntergrenzen in einzelnen deutschen Branchen befasst.

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Quelle:
WSI-Pressemitteilung vom 18.11.2014

 

Weiterlesen:

 

- Schulten, T./ Böhlke, N. u.a. (2014): Umsetzung und Kontrolle von Mindestlöhnen - Europäische Erfahrungen und was Deutschland von ihnen lernen kann. Studie im Auftrag der G.I.B. – Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH, Bottrop.

 

- Internetseite der Landesinitiative „Faire Arbeit – Fairer Wettbewerb“.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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