Solo-Selbstständige Einzelunternehmer

 

SOLO-SELBSTSTÄNDIGE:

 

11/02/2015:

Fast jeder fünfte Solounternehmer verdient keine fünf Euro

(von Markus Krüsemann)

 

 

Seit den 1990er Jahren ist eine starke Ausweitung von solo-selbstständigen Erwerbsformen zu beobachten, u.a. auch, weil vermehrt Tätigkeiten, die vormals in abhängiger Beschäftigung ausgeübt worden sind, nun von Ein-Mann-, zunehmend auch von Ein-Frau-Betrieben übernommen werden. Im Unterschied zu einer abhängigen Beschäftigung kann unternehmerische Selbständigkeit hohe Einkommenschancen bieten, sie ist aber auch mit erheblichen Einkommensrisiken behaftet.

 

Entsprechend groß ist die Einkommensspreizung, wobei die Höhe der Einkommen mit den Branchen variiert. Allerdings: große Reichtümer können die allerwenigsten der Einzelunternehmer erwirtschaften, ein nicht geringer Teil von ihnen erzielt gar nur spärliche Einkünfte. Ob es damit zu tun hat, dass viele Solo-Selbständige aus der Not heraus Unternehmer geworden sind, etwa, weil sie ihre Festanstellung verloren haben? Nach Erkenntnissen von Karl Brenke, Forscher am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), jedenfalls sind die Verdienste von rund einem Drittel der Ein-Personen-Unternehmen so gering, dass sie dem Niedriglohnsektor zugerechnet werden müssen (siehe 13.02.2013).

 

Drei Wissenschaftler der Universitäten Jena und Potsdam haben erneut nachgerechnet und anhand von Daten des Mikrozensus 2009 die Einkommensverteilung analysiert. Ihre jetzt in den DIW-Mitteilungen veröffentlichten Ergebnisse, die man bereits 2014 in der IZA Discussion Paper-Reihe nachlesen konnte (siehe 12.12.2014), bestätigen die Befunde früherer Analysen. Das hohe Einkommensrisiko von Selbstständigen wird bei den Solo-Selbstständigen nicht durch höhere Verdienste „belohnt“. Vielmehr muss fast jeder fünfte Einzelunternehmer sich rechnerisch mit einem Einkommen von weniger als fünf Euro pro Stunde (netto) zufrieden geben.

 

Wie die Berechnung des Medianwertes (der mittlere Wert, der die Einkommen einer gesamten Betrachtungsgruppe in zwei Hälften teilt) ergab, erreicht der mittlere Stundenverdienst (Median) von Solo-Selbstständigen mit 9,38 Euro 94 Prozent des Mittelwerts der abhängig Beschäftigten (10 €). Mit anderen Worten, das Median-Einkommen von Solo-Selbständigen liegt sechs Prozent unter dem Median-Einkommen von Angestellten. Das sind für sich genommen zwar keine erheblichen Verdiensteinbußen, es zeigt aber, dass eine Mehrheit der Solobetriebe für ihr unternehmerisches Risiko nicht in Form von höheren Einkünften belohnt wird.

 

Wesentlich drastischer fallen die Einkommensunterschiede aber am unteren Ende der Verdienstskala aus. Während sich bei den Angestellten im Jahr 2009 zehn Prozent (rund 3,65 Millionen) mit weniger als fünf Euro netto pro Stunde zufrieden geben mussten, traf dies auf immerhin 18 Prozent (etwa 400.000) der Solo-Selbstständigen zu.

 

Den Forschern oder dem DIW scheinen die ernüchternden Befunde nicht so recht zu gefallen. Um Solo-Selbstständigkeit als Erwerbsform in ein besseres Licht zu rücken, hebt das DIW in seiner Pressemitteilung einen wenig aussagekräftigen Aspekt hervor und betont, dass Solo-Selbständige nicht generell weniger verdienten als vergleichbare Angestellte. Dass gleich darauf aber noch die Beobachtung, dass viele Selbständige ein Kümmerdasein fristen würden, als weit verbreitetes „Vorurteil“ abgetan wird, das kann angesichts der Befunde nur verwundern.

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Quellen:

DIW-Pressemitteilung vom 11.02.2015

 

Fritsch, M./ Kritikos, A. S./ Sorgner, A. (2015): Verdienen Selbständige tatsächlich weniger als Angestellte? In: DIW-Wochenbericht, 82. Jg., Nr. 7, S. 134-147.

 

Sorgner, A./ Fritsch, M./ Kritikos, A. (2014): Do Entrepreneurs Really Earn Less? IZA Discussion Paper, No. 8651, Bonn.

 

Weiterlesen:

 

- Manske, A./ Scheffelmeier, T.(2015): Werkverträge, Leiharbeit, Solo-Selbstständigkeit - Eine Bestandsaufnahme. WSI-Diskussionspapier Nr. 195, Düsseldorf.

 

- Brenke, K. (2013): Allein tätige Selbständige: starkes Beschäftigungswachstum, oft nur geringe Einkommen. In: DIW-Wochenbericht, 80. Jg., Nr. 7, S. 3-16.

 

- Gerner, H.-D./ Wießner, F. (2012) Solo-Selbstständige – Inzidenz und sozialpolitische Implikationen.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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