MINDESTLÖHNE:
09/03/2015:
Der Dachdecker-Mindestlohn hat die Lohnungleichheit
in der Branche verringert
(von Markus Krüsemann)
Im Dachdeckerhandwerk gilt bereits seit 1997 ein Branchenmindestlohn. Eine 2011 durch das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) durchgeführte Evaluation (vgl. 18.11.2011) ließ hinsichtlich Beschäftigung, Arbeitnehmerschutz und Wettbewerb keine negativen Wirkungen erkennen. Zwar erbrachte die Analyse für die Wettbewerbssituation keine eindeutigen Ergebnisse. Für die Beschäftigten in den unteren Entlohnungsbereichen aber waren deutliche Lohnzuwächse zu verzeichnen. Eine Auswirkung auf die Gesamtbeschäftigung konnte nicht beobachtet werden, vermutlich auch deshalb, weil die Betriebe bei Lohnsteigerungen für besser bezahlte Handwerker restriktiver verfuhren.
Eine aktuelle ZEW-Studie greift letzteren Punkt erneut auf und kommt zu dem Ergebnis, dass die Einführung des Dachdecker-Mindestlohns im Beobachtungszeitraum 1994 bis 2008 die Lohnungleichheit in der Branche reduziert hat. Geringverdiener erzielten höhere Einkommen, während die Bezahlung der qualifizierten Facharbeiter stagnierte.
Zu den Ergebnissen der Studie schreibt das ZWE in einer Pressemeldung, dass die Einführung eines branchenspezifischen Mindestlohns das angestrebte Ziel, die Lohnungleichheit in der Dachdeckerbranche zu verringern, erreicht habe. Für die besser bezahlten Handwerker habe der Mindestlohn allerdings zu stagnierenden Nominallöhnen geführt, eine Entwicklung, die vor allem in Ostdeutschland zu beobachten gewesen sei.
Laut ZEW beruhe der Effekt auf der zurückhaltenden Lohnpolitik der Betriebe. Aufgrund der damals (1994-2008) geringeren Beschäftigungschancen für Facharbeiter, hätten die Betriebe eine höhere Verhandlungsmacht gegenüber ausgebildeten Mitarbeitern besessen und zur Lohnzurückhaltung genutzt. Die Lohnzurückhaltung bei den Besserverdienenden sei insbesondere von den für das Handwerk typischen Kleinbetrieben ausgegangen.
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Quellen:
ZEW-Pressemitteilung vom 09.03.2015
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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.