Teilzeitarbeit Teilzeit

 

TEILZEITARBEIT:

 

08/03/2015:

Immer mehr Frauen in Teilzeit – hohes Armutsrisiko inklusive

(von Markus Krüsemann)

 

 

Teilzeitarbeit breitet sich immer stärker aus. Erst kürzlich hat eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) darauf hingewiesen, dass der Beschäftigungsaufbau der vergangen Jahre sich vor allem einer massiven Ausdehnung von Teilzeitbeschäftigung zu verdanken hat. Kräftig gestiegen ist dabei vor allem der Anteil der teilzeitbeschäftigten Frauen an allen weiblichen Beschäftigten, während zugleich die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen sinkt (siehe 19.02.2015). Kurz angeschnitten wurden im Bericht auch die mit einer Teilzeitbeschäftigung verbundenen Risiken, namentlich die Nachteile bei Einkommen, Karriere und Alterssicherung.

 

Dabei sind es vor allem die folgenden zwei finanziellen Risiken, die Teilzeitstellen und erst recht die Minijobs zur Teilzeitfalle werden lassen - gerade dann, wenn Teilzeitbeschäftigung nicht freiwillig erfolgt:

 

- Verdiensteinbußen:

Mit einer Teilzeitbeschäftigung kann sehr oft kein existenzsicherndes Einkommen erzielt werden. Laut einer aktuellen Studie der G.I.B. zur Situation von Frauen am Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen sind dort mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen in Teilzeit beschäftigt (18 Prozent in Minijobs). Gleichzeitig können nur etwas mehr als 53 Prozent der erwerbsfähigen Frauen ihren überwiegenden Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit bestreiten.

 

- Alterssicherung

Die mit verkürzter Arbeitszeit verbundenen Lohneinbußen führen auch dazu, dass der Aufbau einer eigenständigen Alterssicherung zu kurz greift, um Altersarmut sicher ausschließen zu können. Süddeutsche.de verweist in diesem Zusammenhang auf eine Studie der OECD, wonach in keinem anderen untersuchten Land die Rentenbezüge von Frauen im Alter von 65 Jahren und darüber so weit unter denen der Männern liegen als in Deutschland. Eine Analyse der Beschäftigungssituation im Sozialsektor hat zudem gezeigt, dass gerade dort ein hohes Risiko der Altersarmut besteht, wo gut bezahlte und unbefristete Vollzeitstellen eher die Ausnahme als die Regel sind (siehe 10.02.2015).

 

Wie drängend die Verdienstproblematik bei weiblichen Beschäftigten ist, das zeigt auch eine gestern veröffentliche Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zur Beschäftigungsentwicklung bei Frauen. Zunehmende Teilzeit und schlecht bezahlte Jobs haben dazu geführt, dass bereits jede elfte berufstätige Frau als armutsgefährdet gilt.

 

Die Ausführungen der Bundesregierung, die auf Daten der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit, des Statistischen Bundesamtes und Eurostat beruhen, zeichnen ein insgesamt ernüchterndes bis besorgniserregendes Bild. Zunächst scheint es positiv, dass immer mehr Frauen erwerbstätig sind. Aber:

  • die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen ist zwischen Juni 2001 und Juni 2014 um fast eine Million auf 7,53 Millionen zurückgegangen;
  • im selben Zeitraum ist die Zahl der Frauen in sozialversicherungspflichtigen Teilzeitjobs um 2,5 Millionen auf 6,26 Millionen gestiegen;
  • 3,40 Millionen weibliche Beschäftigte hatten Mitte 2014 ausschließlich einen Minijob;
  • 1,11 Millionen Frauen (13,7 Prozent aller weiblichen Teilzeitbeschäftigten) haben 2013 unfreiwillig in Teilzeit gearbeitet, weil sie keinen Vollzeitarbeitsplatz gefunden haben.

Auch die Zahlen zur Einkommenssituation von Frauen sind ernüchternd, zumal neben einer teilzeitbedingt schlechteren Entlohnung auch insgesamt geringere Verdienste zu verzeichnen sind:

  • Im Jahr 2010 bezogen 26,5 Prozent der Frauen in Betrieben mit zehn und mehr Beschäftigten (im Alter von 15 bis 64 Jahren, ohne Auszubildende und Altersteilzeit) einen Niedriglohn von weniger als 10,36 Euro pro Stunde. Bei den Männern lag die Quote nur bei 15,8 Prozent.
  • Deutlich mehr Frauen als Männer müssen ihre zu geringen Einkommen durch Arbeitslosengeld 2-Zahlungen aufstocken lassen. Im September 2014 lag die Zahl der Aufstockerinnen bei mehr als 700.000.
  • Immer mehr erwerbstätige Frauen (ab 16 Jahre) sind von Armut bedroht. Ihre Armutsgefährdungsquote stieg von 7,5 Prozent im Jahr 2009 auf 9,8 Prozent im Jahr 2013, die Quote der armutsgefährdeten Arbeitnehmerinnen mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung stieg im selben Zeitraum von 7,0 auf 9,0 Prozent.

 

Festzuhalten bleibt angesichts solcher Tatsachen nur, dass Frauen auch weiterhin am Arbeitsmarkt noch erheblich benachteiligt sind. Dass sie in zunehmendem Maße nur einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, wirkt problemverschärfend und kann sich auch im Hinblick auf die spätere Altersversorgung regelrecht als Falle erweisen.

____________________

Quellen:

Zunehmende Beschäftigung von Frauen. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Cornelia Möhring, Jutta Krellmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE, BT-Drucksache 18/4150 (Februar 2015).

 

Süddeutsche.de vom 07.03.2015

 

Icking, M./ Czudaj, K. (2015): Arbeitsmarktreport NRW 2015 - Frauen am Arbeitsmarkt. Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH (Hg.), Bottrop.

 

Weiterlesen:

 

- Schreiber, S. (2015): Erwerbstätigkeit in Deutschland im europäischen Vergleich, IMK Report, Nr. 103, Januar 2015.

 

- WSI GenderDatenPortal (2014): Arbeitszeiten 06 - Teilzeitquoten abhängig Beschäftigter (1991 bis 2011).

 

- IAB - Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (Hg.) (2014): Aktuelle Daten und Indikatoren: Arbeitszeitwünsche von Frauen und Männern 2012 (Febr. 2014), Nürnberg.

 

- Bechmann, S./ Dahm, V. u.a. (2013): Beschäftigungsmuster von Frauen und Männern: Auswertungen des IAB-Betriebspanels 2012, IAB-Forschungsbericht 14/2013, Nürnberg.

__________________________________________________________________

 

Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

zurück