Leiharbeit Arbeitnehmerüberlassung

 

LEIHARBEIT:

 

04/03/2016:

Warum es statt 18.000 plötzlich 50.000 Verleihbetriebe gibt

(von Markus Krüsemann)

 

In der Arbeitnehmerüberlassungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) wurde die Zahl der Verleihbetriebe jahrelang mit deutlich unter 20.000 angegeben. In aktuellen Presseberichten ist hingegen von mehr als 50.000 Betrieben die Rede, die Beschäftigte an andere Unternehmen ausleihen würden. Die Diskrepanz erklärt sich dadurch, dass die BA seit kurzem eine andere Datenquelle nutzt.

 

Der Boom bei der Leiharbeit setzte sich nach Rückgängen im Jahr 2013 zuletzt wieder fort. Mit der steigenden Zahl von Leiharbeitsbeschäftigten wuchs auch die Zahl der Betriebe, deren Geschäft die Arbeitnehmerüberlassung ist. Einem Bericht der Rheinischen Post zufolge hatte die Bundesagentur für Arbeit 2015 mehr als 50.000 Betriebe gezählt, die Arbeitnehmer/innen anderen Betrieben überlassen.

 

Was der Zeitung nicht auffiel: In den vorhergehenden Jahren hatte die BA die Zahl der Verleihbetriebe immer deutlich niedriger ausgewiesen. Im Durchschnitt des Jahres 2014 hatte es laut BA knapp 18.500 Betriebe im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung gegeben. Wo kommen plötzlich all die Betriebe her? Ein Boom, in dessen Verlauf sich die Zahl der Verleihbetriebe innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt? Die Antwort liegt in einer Umstellung der Statistik.

 

Mehr erfasste Betriebe durch neues Erhebungsverfahren

 

Während die Daten der Arbeitnehmerüberlassungsstatistik bis 2015 noch aus den halbjährlich versandten Meldungen der Verleihbetriebe stammten, hat die BA die Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung auf das Meldeverfahren zur Sozialversicherung und damit auf eine andere Datenquelle umgestellt. Die Datenbasis für die neue Statistik bilden seitdem die laufenden Meldungen der Arbeitgeber im Rahmen des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung. Die Umstellung erlaubt eine sehr viel genauere Erfassung der Beschäftigten und der Betriebe.

 

Zuvor hatte die BA die Zahl der Verleihbetriebe durch Zählung der manuell ausgefüllten gesonderten Meldebelege ermittelt. Doch ein Großteil der Arbeitgeber mit Verleiherlaubnis hat nicht für jeden seiner Betriebe einen gesonderten Meldebeleg abgegeben, sondern meist nur für das gesamte Unternehmen. Die genaue Anzahl der Betriebe mit mindestens einem Leiharbeitnehmer konnte so nicht erfasst werden. Klar war nur, dass sie deutlich höher liegen würde.

 

Seit kurzem werden diese Angaben, wie andere Beschäftigungsdaten auch, automatisch mit den Arbeitgebermeldungen zur Sozialversicherung eingeholt. Damit wird jetzt auch jeder einzelne Betrieb, der mindestens einen Leiharbeiter beschäftigt, erfasst. Die Zahl dieser Betriebe ist deutlich höher als die Anzahl der Arbeitgeber, welche eine Verleiherlaubnis besitzen, denn wie in anderen Wirtschaftszweigen auch kann ein Arbeitgeber sehr viele Betriebe in verschiedenen Regionen besitzen. Statt bisher gut 18.000 gemeldeter gibt es demnach etwa 50.000 automatisch erfasste Verleihbetriebe.

 

  Anzahl der Betriebe mit Leiharbeitnehmer/innen (jew. zum 30.06.)

Verleihbetriebe Leiharbeit
Quelle: Arbeitnehmerüberlassungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit

 

Die bis ins Jahr 2013 revidierten Zahlen aus der neuen Arbeitnehmerüberlassungsstatistik zeigen nicht nur bei den Leiharbeitnehmer/innen (siehe 20.01.2016), sondern auch bei den Verleihbetrieben eindrucksvoll einen starken Aufwärtstrend. Deren Zahl stieg von Ende Juni 2013 bis Ende Juni 2015 um satte 7,6 Prozent. Solange die Re-Regulierung der Leiharbeit nicht vorankommt (siehe 22.02.2016), wird sich der Boom auch über das Jahr 2016 hinaus fortsetzen.

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Quellen:

RP online vom 04.03.2016

 

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2016): Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeitnehmer und Verleihbetriebe, 1. Halbjahr 2015, Nürnberg.

 

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2016): Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeitnehmer und Verleihbetriebe, 2. Halbjahr 2014, Nürnberg.

 

Weiterlesen:

 

- Bundesregierung (2016): Leiharbeit – Fakten und Kontrollen. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Corinna Rüffer, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucksache 18/7661 (02/2016).

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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