Geringverdiener Niedriglöhne Niedriglohnsektor

 

GERINGVERDIENER:

 

03/12/2014:

Jüngere Beschäftigte im unteren Lohnbereich müssen von Jahrgang zu Jahrgang sinkende Realeinkommen hinnehmen

(von Markus Krüsemann)

 

 

Die Ungleichheit von Einkommen wird in der Regel an den Jahreseinkommen unterschiedlicher Einkommensgruppen gemessen (siehe z.B. 13.11.2013). Die Wissenschaftler Holger Lüthen vom DIW Berlin und Timm Bönke von der FU Berlin haben einen anderen Ansatz gewählt. Unter Nutzung neuer Daten der Deutschen Rentenversicherung haben sie alle rentenversichungspflichtigen Einkommen seit 1949 analysiert und die Lebenseinkommen von westdeutschen, männlichen Angestellten ab dem Jahrgang 1935 verglichen. Im Ergebnis zeigte sich ein über die Generationen hinweg deutlicher Trend immer weiter divergierender Lebenseinkommen. Insgesamt betrachtet hat sich die Ungleichheit der Lebenseinkommen zwischen den Geburtsjahrgängen 1935 und 1972 in etwa verdoppelt.

 

Für die Beschäftigten im unteren Lohnbereich ergab die Analyse, dass das Lebenseinkommen, (die Gesamtheit aller über das Erwerbsleben bis zum 40. Lebensjahr erzielten Löhne und Gehälter) über die letzten Jahrzehnte sogar real gesunken ist. Während die zwischen 1935 und 1950 geborenen Geringverdiener mit jeder Generation leicht steigende Lebenseinkommen erzielen konnten, verläuft die Entwicklung der Lebenseinkommen für die nach 1955 Geborenen negativ. Fast jeder der nachfolgenden Geburtsjahrgänge erzielte ein geringeres reales Lebenseinkommen. Besonders drastisch fallen die Rückgänge für die ab Mitte der 1960er Jahre geborenen Geringverdiener aus. Deren Lebenseinkommen erreichen schließlich nicht einmal mehr das Niveau der 1940er Jahre.

 

Für die die Verdoppelung der Ungleichheit zwischen den Jahrgängen 1935 und 1972 machen die Forscher zwei Entwicklungen verantwortlich. Anders als gut und besser Verdienende sind Personen mit niedrigen Einkommen immer häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen. Zweitens spielt die zunehmende Spreizung der Löhne eine bedeutende Rolle. Ab Jahrgang 1950 driftet das Lohnwachstum zunehmend auseinander. Während bei den Beziehern hoher und mittlerer Einkommen die realen Monatslöhne Jahrgang für Jahrgang ansteigen, fällt das Wachstum bei den Beziehern von Niedrigeinkommen nicht nur deutlich geringer aus, für die Jahrgänge ab 1968 ist sogar ein Rückgang zu beobachten.

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Quellen:

Pressemitteilung des DIW vom 03.12.2014

 

Bönke, T./ Lüthen, H. (2014): Lebenseinkommen von Arbeitnehmern in Deutschland: Ungleichheit verdoppelt sich zwischen den Geburtsjahrgängen 1935 und 1972. DIW Wochenbericht, 81. Jg., Nr. 49, S. 1271-1277.

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Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

 

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